Rezension

The Kooks

Listen


Highlights: Forgive & Forget // See Me Now // Bad Habit
Genre: Britrock
Sounds Like: Foals // Hard-Fi

VÖ: 05.09.2014

Es ist noch nicht einmal zehn Jahre her, da wurde die ganze Welt von einer gigantischen Welle von neuer Musik aus Großbritannien überschwemmt. Dieser neue Britpop bezog sich klar auf die Vergangenheit, klang aber trotz allem frisch, tanzbar und war verdammt eingängig. Maximo Park, Arctic Monkeys, Franz Ferdinand, die Kaiser Chiefs und wie sie alle heißen: sie alle brachten in dieser Zeit ihre gefeierten Debütalben raus, genau wie The Kooks. Im Jahre 2014 in diesen Erinnerungen zu schwelgen, tut fast ein bisschen weh. Viele der Helden von damals haben sich mittlerweile an den Rand der Bedeutungslosigkeit gespielt, weil sie den Absprung verpasst oder sich zu eigenwillig weiterentwickelt haben. Aus der heutigen Perspektive sind die Arctic Monkeys wohl die einzige Band der Klasse von 2006, die auch mit ihrem aktuellen Album relevant geblieben ist. Das liegt vor allem daran, dass sie einen neuen, erwachseneren Sound gefunden haben. An diesem bedeutenden Schritt versuchen sich The Kooks auf "Listen", mit gemischten Ergebnissen.

Wenn ein Haufen lockenköpfiger Milchgesichter beschließt, sich gemeinsam mit HipHop-Produzent Inflo auf dem neuen Album neben Pop auch vermehrt mit Soul und R'n'B zu beschäftigen, sorgt das erst einmal für eine ganze Reihe hochgezogener Augenbrauen. Das kann ja nichts werden, außer vielleicht peinlich. Und die erste Vorabsingle „Down“ bestätigte diese Befürchtungen prompt. Handclaps, vermeintlich funky Gitarren und ein furchtbar um Coolness bemühter Refrain. Das Ganze wird dann noch von einem Video untermalt, das in seiner künstlerischen Hipsterhaftigkeit schon wieder absolut bieder daherkommt. War ja klar, dass das so enden würde. Das war's dann jetzt also mit dem neuen Image?

Noch nicht ganz. Denn so nervig „Down“ auch sein mag, es ist ein einzelner Ausrutscher auf einem Album, auf dem The Kooks ihre Sache über weite Strecken ziemlich gut machen. Wer auch immer „Down“ zur ersten Singleauskopplung gemacht hat, hat anscheinend einen gehörigen Anschiss bekommen, die nächsten Singles „Around Town“ und „Forgive & Forget“ sind nicht nur besser, sondern sie sind auch wesentlich geeigneter, das neue Album zu repräsentieren. „Around Town“ und damit das gesamte Album mit einem Gospelchor zu eröffnen, ist eine gewagte Idee, aber sie funktioniert, wenn man nicht in den Kitsch abdriftet. Das Gleiche gilt für die Funkgitarren auf „Forgive & Forget“: In der richtigen Dosierung eingesetzt, können sie den Song in die gewünschte Richtung treiben. Aber es gilt nach wie vor für alle Funk- und Soulelemente in der Popmusik, dass es ein sehr schmaler Grad ist zwischen gelungener Einbindung und peinlichem Kitsch. Kein Wunder also, dass da mal ein Ausrutscher passiert.

Thematisch geht es auf "Listen" ernsthafter zu als zuvor. Die Ballade „See Me Now“ beschäftigt sich mit dem vorzeitigen Tod von Sänger Luke Pritchards Vater und auch die Krawalle von London werden zum Thema („It Was In London“). Auch hier also ein Schritt weg von pubertären Nichtigkeiten und hin in Richtung Erwachsensein. Man merkt dem Album an, dass The Kooks diesen Richtungswechsel wirklich wollen. Die Themen, die Abwendung von einfachen Akkorden, die allgemeine Experimentierfreude, das coole Video zu „Around Town“ – alles schreit: „Nehmt uns ernst! Wir sind nicht mehr die Bubis von damals!“ Vielleicht ist aber gerade diese Bemühung um's Ernst-genommen-Werden daran Schuld, dass die Briten darüber wohl eine Sache vergessen haben, die sie früher so gut konnte – Songs schreiben, die im Gedächtnis bleiben.

Lisa Dücker

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"Bad Habit" im Stream

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