Rezension

The Clientele

God Save The Clientele


Highlights: Here Comes The Phantom // Isn't Life Strange? // No Dreams Last Night
Genre: Britpop
Sounds Like: Pulp // The Go-Betweens // Belle & Sebastian // Tindersticks

VÖ: 14.09.2007

Möchte man mit Schönklang begeistern, gibt es unterschiedliche Herangehensweisen. Die einen erschaffen riesige bis unendlich große Klangwelten mit dutzenden Tonspuren, die anderen beschränken sich stattdessen auf einen schönen Gitarrensound, engagieren ein Streichquartett und lassen an den richtigen Stellen ein Klavier erklingen. Die anderen, das sind zum Beispiel The Clientele. Deren neues Album "God Save The Clientele" verleitet nicht nur zu monarchischen Wortspielen, sondern auch zum Tagträumen von einer romantischeren Welt.

Und zwar von der ersten bis zur letzten Minute. Bringen wir die größte, besser gesagt einzige Schwäche von "God Save The Clientele" doch gleich zu Beginn hinter uns: Der Sound des dritten Studio-Albums der vielleicht unprätentiösesten Band Londons ist zweifelsohne sehr einheitlich ausgefallen. Zweifelsohne ausgefallen kommt auch das Lied "The Dance Of The Hours" daher, das unaufmerksame Hörer wohl in die Instrumental-Schublade stecken würden - aufmerksam dürften diese Hörer spätestens dann werden, wenn sie im Booklet entdecken, dass einzig beim vermeintlichen Instrumental ein Text abgedruckt ist. Schnell wird klar, dass im linken und rechten Lautsprecher zwei unterschiedliche Texte vorgetragen werden. Das ist aufregend und obendrein ein mögliches Zeichen, dass "God Save The Clientele" gar nicht zwangsläufig gleichförmig sein möchte. Tempo und Streicher erinnern hier übrigens nicht zum einzigen Mal an Sufjan Stevens.

Mit der Ähnlichkeit der einzelnen Stücke freundet man sich wohlgemerkt äußerst schnell an. Hat man erst einmal erkannt, welch wunderbare Melodien sich hinter den stets vergleichbaren Arrangements verstecken, schaltet man gern den kritischen Teil seiner Gedanken ab. Und träumt. Wieso beinahe jeder im Zusammenhang mit The Clientele früher oder später aufs Träumen kommt, muss bei Songtiteln wie "No Dreams Last Night", "The Garden At Night" oder auch "Dreams Of Leaving" übrigens niemanden verwundern. Zusätzlich heißt es gleich in der traumhaften Eröffnung "Here Comes The Phantom": "All of the dreams that you dream/ I hope they are all of me."

Diese Flucht aus der Realität ist das eigentlich großartige an "God Save The Clientele". Von der Ballade "Isn't Life Strange?" im Jarvis-Cocker-Stil über das Tindersticks-eske "The Queen Of Seville" bis zum ungelogen an Don McLean erinnernden Abschluss "Dreams Of Leaving" ist es immer wieder die seltsam undeutliche Grenze, die The Clientele zwischen Melancholie und Hoffnung ziehen, die einen sprachlos macht. Deshalb endet diese Rezension auch hier: Ich lege zum vierten Mal heute "God Save The Clientele" auf. Und bin mit größter Freude sprachlos.

Mario Kißler

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