Rezension

The Blood Arm

Lie Lover Lie


Highlights: Stay Put // Accidental Soul // Angela // Do I Have Your Attention?
Genre: Überdrehter Indiepop
Sounds Like: Franz Ferdinand // Maximo Park

VÖ: 02.02.2007

Liebende lügen. Das ist ja nichts Neues. Ganz egal ob es um den morgendlichen Mundgeruch geht, den man im Gefühlsüberschwang einfach zu ignorieren versucht, oder auch um das neue Shirt („Doch, das steht dir wirklich hervorragend.“). Weiter sollte die Flunkerei allerdings wirklich nicht gehen. Aber das hier ist ja kein Beziehungsratgeber, sondern ein Musikmagazin.

Lie Lover Lie heißt das Debütalbum von The Blood Arm. Um Missverständnissen vorzubeugen: Nein, das sind keine Briten, auch wenn sie häufig so klingen. Die Band um Sänger Nathaniel Fregoso stammt aus dem sonnigen Los Angeles und hat zwei Dinge, die nicht viele neue Bands vorweisen können. a) Everybody’s Darling Franz Ferdninand als begeisterte Fans und „Mates“.
b) Eine sexy Keyboarderin, in jüngsten Bandformationen sind Frauen ja eigentlich eher am Bass zu finden.

Sowieso, das Keyboard. Genau hier liegt der Kern für die Besonderheit des blood armschen Sounds. Dyan Valdes hat eine klassische Musikausbildung und das hört man auch. „Lie Lover Lie“ ist so energetisch wie zuletzt nur Maximo Parks „A Certain Trigger“ oder auch die Selbstbestitelte der oben genannten Franzen. Bescheidenheit ist auch nicht jedermanns Sache und die von The Blood Arm schon gar nicht. Hier ist nichts ruhig, zart oder gar vorsichtig. Immer mitten rein, um ja nicht übersehen zu werden. Aufdringlich kann man das auch finden, die Art Typ, die gefühlt immer die halbe Tanzfläche für sich einnimmt und trotzdem hervorragend dabei aussieht.

Eröffnet wird „Lie Lover Lie“ durch die großspurige Aussage „I lay down some fuckin' hits“. Das mag arrogant klingen, trifft aber definitiv zu. Apropos großspurig: Die Textzeile „I like all the girls and all the girls like me“ sollte mittlerweile den meisten Tanzmäusen und Tanzbären geläufig seien. Richtig, das ist ein Blood Arm Song, und zwar „Suspicious Charakter“, wie ein Aufkleber auf der CD-Hülle freundlich aufklärt. Trotz des Hitpotentials: Die Single ist definitiv der unspannenste und vorhersehbarste Song der Platte.

Track Nummer eins, „Stay Put!“ demonstriert erfolgreich die Stärke der Band und kann als Grundmuster für alle anderen Songs gesehen werden. Das hier, meine Damen und Herren ist kein Album, sondern eine Show, laut, wild, extatisch, entstanden The Blood Arm doch aus Fregosos Wunsch, seine selbstgedrehten Filme musikalisch zu untermalen. „That's entertainment“ würde Paul Weller dazu sagen.

Unterhaltung trifft es in diesem Fall sehr gut. Ernst zu nehmen ist hier nichts und niemand, munter geklaut wird natürlich auch, trotzdem ist „Lie Lover Lie“ eigenständiger als der meiste Brei dieser Tage, nicht zuletzt, wie gesagt, durch das Tastengeklimper, das bisweilen gar Musicalassoziationen weckt.
„Accidental Soul“, der Song mit den lügenden Liebenden, ist der eigentliche Hit, „Angela“ erzählt die üblichen Frauengeschichten charmant neu, „Going to Arizona“ versprüht ganz eigenes Amerika-Flair und „Dolores Delivers A Glorious Death“ ist der monumentale Abschluss des ganzen Theaters. „Do I Have Your Attention?“ fragt Fregoso. Hat er.

Lisa Krichel

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