Rezension

Television Personalities

A Memory Is Better Than Nothing


Highlights: She's My Yoko
Genre: Post-Punk // Indie-Pop // Lo-Fi
Sounds Like: The Pastels // Yo La Tengo // Pavement

VÖ: 04.06.2010

Wie im berühmten Song vom 1981er Debut “...And Don’t The Kids Just Love It” besungen, wusste er tatsächlich, wo Syd Barrett wohnte. Und er hatte auch keine Bedenken, diese Information mit tausenden von Zuschauern zu teilen. Das war 1984 und die Television Personalities ausgerechnet Support von David Gilmour. Dieser hatte natürlich wenig Verständnis für Dan Treacys leichtfertiges Bloßlegen der Privatsphäre des manisch-depressiven und in völliger Zurückgezogenheit lebenden, früheren Pink-Floyd-Masterminds Syd Barrett (ruhe er in Frieden!) und setzte prompt die junge, aufstrebende Post-Punk-Band auf die Straße.

Diese kleine Anekdote aus den Anfangstagen der Television Personalities ist bezeichnend für die Selbsttorpedierung der gesamten Karriere. Dan Treacy ist sicherlich ein begnadeter Songwriter, gleichzeitig ist er aber auch unzuverlässig, unberechenbar und unorganisiert. Seitdem folgten ein konstant drehendes Besetzungskarussell, Drogenentzug, Obdachlosigkeit und sogar eine Einbuchtung auf einem Gefängnisboot in Dorset. 2006 dann nach achtjähriger Abstinenz das Comebackalbum “My Dark Places” und nun, nach diesem Achtungserfolg, der schwierige Nachfolger “A Memory Is Better Than Nothing”.

Die Frage, die wahrscheinlich eh nur hartgesottene Anhänger interessiert: Wie klingt das neue Album? Eigentlich wie immer, bloß noch abgewrackter, zerfahrener und fragiler. Und das will was heißen, schließlich war die Band nie für ihre Geradlinigkeit berühmt. Dan Treacy ist eben kein Keith Richards und die dreißig Jahre Alkohol- und Drogenmissbrauch haben tiefe Furchen gezogen. Mit zittrigem Gesang leidet er sich durch dreizehn abwechslungsarme und vorhersehbare Songs. Die einst anspruchsvollen, mit popkulturellen Referenzen gespickten Texte sind simplen repetitiven Einsamkeitslamentationen gewichen.

Auch das Songwriting wurde erschreckend vereinfacht. Nur vereinzelt schaffen es Lieder wie das anfangs holprige “She’s My Yoko” (“I don’t want to be lonely / I just want to be with you only”), sich zu einem trotzig großartigen Refrain hochzuschrauben. Auch das lose, an die ausufernden Yo-La-Tengo-Stücke erinnernde “My New Tattoo” zeigt Potential, ist aber dann im verfehlt epischen Soloteil zu fehler- und stümperhaft, um wirkliche Intensität aufkommen zu lassen. Ansonsten herrscht gähnende Ideenleere bei angezogener Handbremse. Selbst das Duett in “The Good Anarchist” verstärkt Treacys Fragilität, statt sie zu kompensieren und lässt den Song so eher zum Wiegen- als zum fürs Album so notwendige Protestlied verkommen.

And if you despise me, then tell me you despise me,” lamentiert Treacy in “You Don’t Want Me”. Und gerne würde man ihn für dieses uninspirierte Album verachten, wüsste man nicht von seiner bewegten Vergangenheit. Treacy bleibt ein Sympathieträger und der Hörer zweifelt nie an der herzzerbrechenden Authentizität seines Gejammers. Nur sind die Songs dieses Mal zu flach, um Mitgefühl statt Mitleid auszulösen. Es schmerzt, einen ganz Großen wie Dan Treacy so zu zerreißen, leider sind die Television Personalities 2010 nur ein müder, uninspirierter Abklatsch ihrer eigenen glorreichen Vergangenheit. Hoffentlich dann wieder beim nächsten Mal.

Yves Weber

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