Rezension

Tele

Jedes Tier


Highlights: Mit Flügeln Und Düsenantrieb // Die Nacht Ist Jung // Intergalaktische Missionen
Genre: Indie-Pop
Sounds Like: Kante // Fotos // Tocotronic

VÖ: 05.06.2009

„Die Zeiten ändern sich“ – einer der Slogans, die aus den hervorragend alltagsliterarischen Texten Francesco Wilkings hervorgehen, bezieht sich offensichtlich nicht auf die Musik seiner Band Tele. Auf „Jedes Tier“ hat sich nämlich Gott sei Dank/leider nichts geändert. Ja was denn jetzt? Schwer zu sagen. Oasis werden dafür geliebt, dass sie seit Jahren die Erwartungen erfüllen. Radiohead hätte wohl nicht den Status, den sie haben, hätten sie nach „The Bends“ nicht die Entwicklung zu „OK Computer“ vollzogen. Zwei Beispiele dafür, dass es kein Patent gibt, das verrät, ob eine Entwicklung langsam den eingeschlagenen Weg fortführt, oder andere Pfade einschlägt.

Das gilt auch bei Tele. In dubio pro reo – heißt konkret: besinnen wir uns auf die Stärken der Band, die ja nicht plötzlich zu Schwächen werden können. Zunächst haben die Jungs das Glück, mit Francesco Wilking einen Mann in den Reihen zu haben, der wohl eines der markantesten Organe dieses Landes vorweisen kann. Einhundertprozentiger Wiedererkennungswert. Und wie der Mann mit Worten jongliert! Die eigentliche Stärke liegt aber darin, wie der Wortakrobat seine lyrischen Entwürfe mit ganz eigener Präzision über die sanften Schrammel-Gitarren und Funk-Licks legt, als wäre nichts selbstverständlicher. Das Sympathische ist ja auch gerade, dass nicht der Zwang da ist, sich weiterentwickeln zu müssen oder eine Hitsammlung rauszuhauen. Mit den großen Hooklines gehen Tele seit jeher sparsam um, so bleibt auch nach mehreren Durchgängen „Die Nacht Ist Jung“ der offensichtlichste Hit. Wobei auch das, natürlich, negativ ausgelegt werden kann.

Im Grunde ist „Jedes Tier“ ein durchschnittliches Stück Musik, unterlegt mit überdurchschnittlichen Texten. Die fehlende Veränderung stellt „Jedes Tier“ in den Schatten von „Wovon Sollen Wir Leben“, Fan-Herzen wird das zweifellos dennoch beglücken. Und das ebenso kurze wie großartige Weill/Brecht-artige Kammerpopstückchen „Mit Flügeln und Düsenantrieb“, das auch von Phantom/Ghost hätte stammen können, beweist womöglich doch, dass es Zeit für eine Veränderung ist. Ja, die Zeiten ändern sich. Vielleicht bald.

Andreas Peters

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