Rezension

Tame Impala

Innerspeaker


Highlights: Solitude Is Bliss // Alter Ego // It's Not Meant To Be
Genre: Psychedelic-Rock // Dream Pop
Sounds Like: The Shadows // Cream // Beach Fossils // Caribou

VÖ: 05.11.2010

Was ist da selbstironisch der Beschreibung ihres Myspace-Profils zu entnehmen? „Mmmbop“? Sie sehen jung aus, noch grün hinter den Ohren, erinnern äußerlich tatsächlich ein wenig an die früheren Teenie-Helden Hanson. Doch Tame Impala offerieren mit „Innerspeaker“ ein Album, welches sich mit unerwarteter Größe vor einem auftürmt und sich voller jugendlicher Energie ins Bewusstsein drängt. Und Tame Impala durchleben momentan wohl den feuchten Traum jedes musikbastelnden Teenagers: Über New York nach London, von dort nach Berlin reiten sie auf einer Welle des medialen Zuspruchs, begleitet von der Verheißung der Wiederauferstehung des Psychedelic-Rock, gelten als neuer Stern, der da am Musikhimmel glänzt – durch die neuen Medien derart gehyped und doch zu unkonventionell, um sie als solchen an sich vorüber ziehen zu lassen. Dabei kommen wir erst jetzt in den Genuss, nachdem das Album in den USA bereits im Mai erschienen ist.

Wer hätte es für möglich gehalten, dass aus solch archaischen Quellen solch frischer Geist zur Oberfläche sprudeln kann? Zwar mag sich der psychedelische Sound unmissverständlich an Cream, Pink Floyd und vor allem den ehrwürdigen Shadows orientieren, daneben aber eben auch an Funk, Soul, Post-Rock, Stoner-Rock, Dream-Pop. Die Band selbst scheint die Einöde ihrer gottverlassenen Heimat an der Westküste Australiens dazu veranlasst zu haben, alle erdenklichen Einflüsse aufzusaugen und mit ihnen einfach so darauf loszujammen, auf sehr intuitive und vielleicht daher eingängige Weise. Selten tritt der Gesang in den Vordergrund, sondern es ist ein Umgang mit Hooklines und Effekten ohne Scheu, der hier die Sprache jenseits der Sprache ausmacht.

So dürfen ungestüme, laute Beats in den Vordergrund rücken, es groovt, die Songs treiben, schicken auf einen wilden Trip beginnend mit dem Opener “It’s Not Meant To Be“. Wirkt da ein Songtitel wie „Solitude is Bliss“ nicht geradezu paradox und wenig ins Konzept passend? Tame Impala schweifen in ihren Songs nicht in weite Ferne, sondern blicken in sich gekehrt in die Tiefen des eigenen Selbst, von den Wurzeln der populären Musik zu den Wurzeln der eigenen Persönlichkeit. „Innerspeaker“ vertont genau das: Etwas grundauf Bodenständiges und zugleich eine losgelöste Freigeist-Attitude, die offen verkündet, dass alles andere in dem Augenblick gerade völlig irrelevant ist, wie es „I Don’t Really Mind“ darlegt. Wenn dazu noch eine Portion Selbstironie hinzukommt, macht das diese Band nur noch sympathischer. Mindestens so sympathisch wie die Freunde, welche die Freundesliste ihres Myspace-Profils anführen.

Achim Schlachter

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