Rezension

Tacks, The Boy Disaster

Oh, Beatrice


Highlights: Frozen Feet // Paris // Forget-Me-Not // Queen Of The Fishermen
Genre: Indie // Pop
Sounds Like: Midlake // Quasi // Wolf Parade // Flaming Lips

VÖ: ??.??.????

Auf dieses Phänomen stößt man immer wieder: Man surft so durch die MySpace-Welten und entdeckt die eine oder andere Band. Manche sind so umwerfend, dass man sie der Freundesliste hinzufügt, andere nur für den Moment klasse und schon wieder vergessen. Und dann gibt es dieses eine Lied, das einen nicht mehr los lässt, man wählt es vielleicht sogar als Profilsong und freut sich jedes mal, wenn man wieder auf die eigene Seite klickt und diese fantastische Musik zu Gehör bekommt.

Man packt Musik unvermittelt in Schubladen, in diesem speziellen Fall landet sie direkt neben Midlake und anderen tollen Bands dieses Genres und wartet darauf, dass irgendwann mehr kommt. Aber von alleine tut sich da eine Zeit lang gar nichts, und dann fängt man eines Tages doch an, nach dieser Band zu recherchieren.

Sie kommt aus Texas, sie hat eine Platte rausgebracht, ist unsigned, die Scheibe nur direkt über die Band zu beziehen, keine Chance, hier an sie ran zu kommen. Und nebenher erfährt man, dass sie die Helden Midlake schon auf Tour supporteten. Was will man mehr? Die Platte. Verdammt, die Platte muss her. Und hier ist sie, direkt aus Texas, mit sieben wunderschönen Tracks.

Eine Platte, wie eine Reise. "Frozen Feet" zieht magisch an, schaltet alles herum ab und aus, es bleiben nur wunderschöne Bilder und Momente, wohlig und ruhig. Die Reise geht nach "Paris": Das Stimmungsbild eines verregneten Sonntages in Paris, leicht melancholisch und doch nicht eine Spur verbittert. Klang wölbt sich aus Gitarren und legt sich zusammen mit hymnischen Chorgesängen im Background über alles, trägt weiter davon.

"Forget-Me-Not" startet mit einem rhythmischen Klavier, es steigen Drums und Percussion mit ein, und der Gesang erinnert an irgendetwas, was schon einmal da war, aber überhaupt nicht zu greifen ist. Zum Ende steigert sich alles zu einem orchestralen und zusätzlich gesampelten Höhepunkt, um abrupt zu stoppen. Und so spektakulär scheint es zunächst mit "A Man With A Plan" nicht weiter zu gehen - weit gefehlt. Ein fieses - weil hinterhältiges - Stück Musik. Pompöse Momente, die allerdings niemals überladen wirken, ähnlich der Songaufbauten der jüngeren Flaming Lips. Hinterhältig, weil alles zuckersüß wirkt, im weiteren Verlauf aber von bohrenden Gitarren und völlig schrägen Klaviertönen in eine ganz andere Spur gelenkt wird. Und wenn wir uns hier sowieso schon aussichtslos verfahren haben, nehmen wir gleich die Umleitung "Last Stand", ein Entkommen gibt es eh nicht mehr. Es könnte alles so leicht und perlend bleiben, wie das Intro vermuten lässt, aber auch hier sägen im Hintergrund wieder ganz andere Töne an der Stimmung, führen uns auf ganz dünnes Eis. Aber: Melancholie, Zartheit und ein perlendes Klavier, gepaart mit einer wolkenleichten Gitarre und Glockenspiel wie Harfenklang übernehmen dann doch noch die Führung.

"Queen Of The Fishermen" hört sich genauso an, wie der Titel vermuten lässt. Lyrische Doppelspielchen, wie schon in allen Tracks, hymnisches Forttragen und sogleich wieder unmittelbar und hart auf dem Boden abgesetzt werden. "Matilda" ist da im instrumentalen Bereich etwas softer, fordert dafür aber lyrisch volle Aufmerksamkeit. Sie begleitet uns auf der schönen, aber kurzen - viel zu kurzen - Reise auch wieder heim. Kaum sind die letzten Klaviertöne verhallt, ist die Stille kaum zu ertragen. Da hilft nur eines, weil es so faszinierend ist, das kleine Album: Replay! Faszinierend wegen des immer gekonnt und gewagt ausgespielten Balanceaktes zwischen klassischer Instrumentennutzung und kleinen - aber sehr effektiven - elektronischen Spielereien, total aufgebauschter Wohlfühlhymnen und sich hinterrücks anschleichenden, genialen Stimmungsdämpfern, die an dem Himmelsgerüst sägen.

Ja, ich bin verliebt. Verliebt in die Texte, in die Musik, in die Melodien, in die Ideen, die Stimmen und in die Klangbilder, in das Ganze.

Silke Sprenger

Finden


Bye-Bye



Am 5. Januar 2021 haben wir éclat eingestellt. Mehr Infos hierzu gibt es auf unserer Startseite!