Rezension

Soulfly

Prophecy


Highlights: Moses & Porrada
Genre: Ethno-Metal
Sounds Like: ? ? ?

VÖ: 29.03.2004

Max Cavalera hat es geschafft! Mittlerweile hat er sich einen Status erarbeitet der ihm alle künstlerischen Freiheiten erlaubt. Anders gesagt: die Fans erwarten experimentelles von Soulfly. Und auch mit der Veröffentlichung des vierten Soulfly Album's hat Max Cavalera, der sich inzwischen vollständig von der traditionellen Vorstellung einer gleichbleibenden Bandbesetzung losgesagt hat, mindestens einen Schritt weiter nach vorne gewagt. Während der ersten Minuten hört sich das neue Soulfly Album an wie ein typisches Soulfly Album. Nach einem kürzeren Intro setzt der Titelsong mit den gewohnten Klängen aus Gitarren, Drums und Percussion ein und auch Max' Stimme hat nichts in ihrer Aggression und Gewalt eingebüßt. Aber schon gegen Ende des Titelsongs wird eines klar: Max hat diesmal aus den Vollen seiner Kreativität geschöpft. So waren bisher keine orientalischen Klänge auf den Vorgängern zu hören. Dieses kurze Zwischenspiel wird abrupt von "Living Sacrifice" abgelöst, welches den Hörer mit einer satten Ladung Gitarrensound zurück in die Realität holt. Der typische Soulfly-Trick - er funktioniert immer wieder. Der Brasilianer schafft es auf dem Album nicht nur einmal den Hörer für eine kurze Zeit in experimentelle Sphären hinfortzuführen, um ihn sogleich wieder knallhart auf den Boden herunterzuholen! Und die beiden zwei-Minuten-Attacken "Execution" und "Defeat U" sorgen für einen gepflegten Muskelkater am nächsten morgen! Mit "Mars" beendet Max zunächst die Reise durch die Welt des Haupthaarschüttelns und entführt uns mit mit einer Mischung Reggae- und Flamenco-Klängen in eine Welt der Harmonie und Träume. Das nun folgende "I Believe" bildet den Übergang zwischen den beiden Teilen des Albums. Innerhalb dieses Stückes wird der geneigte Hörer gleich mehrfach zwischen den beiden angesprochenen Welten hin- und hergeschleudert um dann total aus der Fassung gebracht zu werden. Denn das seinem noch ungeborenen Stiefenkel gewidmeten, und nach diesem benannten, "Moses" überrascht mit puren Reggaeklängen. Hierbei macht Max nicht den Fehler in die heute üblichen Sparten des Ragga oder Dancehall abzurutschen. Aufgenommen wurde der Song in Serbien mit "Eyesburn", einer serbischen Reggaeband - wenn das mal nicht Weltmusik in ihrer ursprünglichsten Form ist. Meiner Meinung nach ist dies das einzige Stück in dem die Mischung aus Reggae und Metal funktioniert! Ein wahres Meisterstück der Weltmusik, denn auch hier konnte der experimentierfreudige Brasilianer die orientalischen Klänge nicht außen vor lassen. Mit "Born Again Antichrist" bricht sogleich wieder wie ein Donnerschlag in den zuvor erzeugten Frieden und endet mit einem undefinierbaren Klang aus karibischen Elementen, Glocken und E-Gitarren. Faszinierend. Das nun folgende "Porrada" bringt einen mit seinen Flamenco-Klängen unweigerlich zum träumen und man hat das Gefühl irgendwo in Spanien, Kuba oder Mexiko in einem Straßencafé zu sitzen, einer einheimischen Band zuzuhören und dem freudigen Treiben auf der Straße zuzusehen. Das Lied scheint zu enden, jedoch wird man sofort von dem arschtretenden Brett aus dem Stuhl gerissen und verspürt das unbändige Verlangen loszupogen! Es ist einfach hart dieser Granate zu widerstehen. Und war es anders zu erwarten als das uns auch dieses Lied wieder mit karibisch-paradisieschen Klängen in ferne Welten entführt? Nur um uns mit dem Helmet-Cover "In The Meantime" aus allen Träumen zu reißen? Aber mit diesem Lied endet nun die Reise durch die Welt der harten Klänge. Mit dem zu erwartenden "Soulfly IV" hat Max Cavalera mal wieder eine Perle seiner künstlerischen Kreativität geschaffen. Den Abschluß des Albums bildet "Wings" welches von Asha Rabouin ("Flyhigh"; "Tree Of Pain") eingesungen wurde. Es verführt einem die Sinne mit einem leichten R'n'B und Soul-Touch. Um den Hörer des Albums nun endgültig zu zerstreuen werden diese Klänge durch eine Art Marsch abgelöst, der an eine Zirkusparade erinnert. Endgültig beendet wird das Album mit einem letzten Ausflug in die Welt der orientalischen Klänge.

Was sich auf dem Papier anhört wie ein heilloses Durcheinander ergänzt sich auf CD zu einem wunderbaren runden Gesamtbild Max Cavalera's Kreativität und man fragt sich: gibt es irgendwelche Stilrichtungen, an die sich Max nicht heranwagt? Am Besten wir lassen ihn selber darauf antworten: "Die gibt es [...] könntest du dir vorstellen, dass ich einen Techno- oder Popsong über mein Leben als Zuhälter schreibe? [...] Die Experimente müssen ehrlich bleiben." Gut zu wissen, dass es in Zeiten in denen es eine Non-Plus-Ultra Anleitungdafür gibt die "härteste Band der Welt" zu sein, noch Künstler gibt die sich von fremden Kulturen inspirieren lassen, auf diese zugehen und sich trauen etwas Neues zu machen und die Musik damit Stück für Stück voranzubringen.

Kaan Karaismail

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