Rezension

Soccer Mommy

Color Theory


Highlights: Circle The Drain // Crawling In My Skin // Yellow Is The Color Of Her Eyes
Genre: Indie-Pop
Sounds Like: Snail Mail

VÖ: 28.02.2020

Synästhesie ist die besondere Fähigkeit verschiedene Sinnesmodalitäten gemeinsam wahrzunehmen und zu verarbeiten. Die Ton-Farb-Synästhesie gehört hierbei zu den bekanntesten Verflechtungen verschiedener Eindrücke: Klänge beziehungsweise Geräusche können visuell und farblich wahrgenommen werden. Mit „Color Theory“ ermöglicht Soccer Mommy uns Normalos fast einen kleinen Eindruck davon, wie Farben, Klang und Emotionen verwoben werden und miteinander verschmelzen können.

Sophie Allison aka Soccer Mommy schreibt ein Album, das einer etwas schwermütigen Coming-of-Age-Geschichte gleicht: Viele Emotionen in turbulenten Zeiten des Erwachsen-Werdens. Das Skript folgt dabei einem einfachen Muster: Die verschiedenen Facetten des Lebens werden anhand verschiedener Farben bedient. Allisons ganz eigene Farbenlehre besteht aus Blau, Gelb und Grau. Blau steht für die traurigen und depressiven Anteile des Lebens, Gelb repräsentiert die angespannten Seiten des Lebens, die einen dysfunktionalen Ausdruck in Krankheit und Paranoia finden. Grau, als das Fehlen von Farbe irgendwo zwischen Schwarz und Weiß, steht für den Verlust und das Ende des Lebens, den Tod. Im Sinne dieser Farbenlehre verarbeitet Allison unter anderem depressive und selbstverletzende Phasen der Jugend, die schwere Erkrankung ihrer Mutter und die allgemeine Erkenntnis der Endlichkeit eines jeden Lebens.

Diese heavy Themen liefert Allison, im starken Kontrast zum Inhalt, in unaufgeregtem Indie-Pop. Es gibt wenig Überraschungen und Ausreißer, was den gleichförmigen Sound der Platte prägt. Allison streut dabei jedoch so viel 90er-Nostalgie ein, dass nicht nur die Herzen der Mitte-20-jährigen Fans vor Melancholie aufblühen, es könnte gar auch noch für die Menschen reichen, die das Jahrzehnt vor der Jahrtausendwende eher als Epoche des schlechten Geschmacks abhaken möchten. Der Rückgriff auf die 90er-Jahre trägt sich auch auf dem ungewohnt peppigen Cover fort, das sich – quelle surprise – vornehmlich in den drei Farben Blau, Gelb und Grau hält. Ein synästhetisches Gesamtwerk?

Wie das so mit (Syn-)Ästhetiken ist, die sich visuell und klanglich an einer bereits vergangenen Zeit orientieren: Das Rad kann nicht neu erfunden werden. Aber Allison schafft es dem Alten neues Leben einzuhauchen ohne dabei belanglos oder gestelzt zu wirken. Das gelingt ihr vor allem dank der eigenen Authentizität: Denn wer kann uns Hörer:innen besser an den Anstrengungen des Lebens teilhaben lassen als ein junger Mensch, der die eigene Pubertät gerade überlebt hat?

Nicole Dannheisig

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