Rezension

Sleater-Kinney

The Center Won't Hold


Highlights: Can I Go On // The Future Is Here // A Restless Life
Genre: Rock // Indie-Rock
Sounds Like: Wild Flag // Ex Hex

VÖ: 16.08.2019

Die Queens of Rock sind mit ihrer mittlerweile zweiten Platte seit der knapp 10-jährigen Abstinenz vom Musikzirkus zurück. Für Sleater-Kinneys treue Fanbase gibt es also Grund genug, sich über „The Center Won't Hold“ zu freuen, aber manchmal kommt die frohe Kunde eben doch zu häufig in Kombination mit folgenschweren Neuigkeiten.

Welchen Mehrwert Carrie Brownstein, Corin Tucker und Janet Weiss für die Musikwelt hatten und haben, ist nicht unbedingt allen Gitarrenmusik-Enthusiast:innen direkt ersichtlich. Ein kleiner Erklärungsversuch: Brownstein und Tucker haben als Sängerinnen und Gitarristinnen 1994 in Olympia, Washington, im Dunstkreis der berühmt-berüchtigten Riot-Grrrl-Bewegung den Grundstein der Band gelegt. 1996 kam dann Weiss dazu und vervollständigte das Trio nach mehreren Wechseln am Schlagzeug. Sleater-Kinney legten von Beginn ihres Schaffens an viel Wert darauf, ihrer musikalischen Neugier nachzukommen. Diese Tatsache, das Repertoire an politischen Texten und die kritische Haltung gegenüber diversen Macht- und Herrschaftsstrukturen (auch der männlich-dominierten World of Rock) machte sie zu einem Novum. Seit der Bandpause 2006 war dies eine Leerstelle, die nachrückende Musiker:innen in diesem Ausmaß nur schwer füllen konnten. Brownstein, Tucker und Weiss entschieden sich schließlich für ein neues Kapitel in der Bandgeschichte: Die Band-Maschine wurde fast 10 Jahre später re-aktiviert.

Bereits auf ihrer Comeback-Platte „No Cities To Love“ (2015) zeigten Sleater-Kinney, dass sie trotz ihrer Ecken und Kanten durchaus auch eingängige Indie-Rock-Hymnen können. Auch auf dem aktuellen Album lassen sich zugängliche Tracks wie „Reach Out“ und „A Restless Life“ finden. Dennoch gibt es – back to the roots – vermehrt Raum für die unverkennbare Unbequemheit der drei. Diese kommt nun mitunter durch eine überraschend geheimnisvolle, in Teilen düstere Nuance zum Ausdruck. Der Opener und namensgebende Titeltrack leitet mit zunächst fast sphärischem Gesang und dann plötzlich einsetzenden treibenden Gitarren und Beats in die dunkleren Gefilde ein. In „Ruins“ klingt es dann immer wieder disharmonisch an und die Instrumentierung erinnert zwischenzeitlich eher an ein melodiöses Störgeräusch als an Zupfinstrumente.

So weit – so alt, so neu – so gut. Dass die Bekanntmachung des Albums mit weiteren Neuigkeiten einhergehen würde, hatten wohl auch Sleater-Kinney selbst bis vor Kurzem nicht erwartet. Nach nunmehr 22 Jahren verabschiedete sich Drummerin Janet Weiss Anfang Juli via Twitter mit viel Herz von der Band und den Fans und hinterlässt, wie soll es anders sein, eine Lücke. Weiss' energetische Schlagzeugrhythmen sind als kleines Trostpflaster zumindest noch auf dieser Platte verewigt.

Auf „The Center Won't Hold“ wird den Hörer:innen nicht alles bis zur Leichtverdaulichkeit vorgekaut, manche Zugänge zur Musik und den dahinterstehenden Ideen müssen erarbeitet werden. Bei Sleater-Kinney ist das häufiger der Fall, diese besondere Investition hat sich bei ihnen aber meist gelohnt und das tut sie weiterhin. Auch (Noch-)Nicht-Fans sollten der Platte also die ein oder andere Wiederholdung einräumen. Das besondere Quäntchen Hingabe könnte bei der knappen Länge einer guten halben Stunde wunderbar machbar sein – die Mühe ist es wert.

Nicole Dannheisig

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Lyric-Video zu "Can I Go On"

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Lyric-Video zu "The Future Is Here"

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