Rezension

Shout Out Louds

Our Ill Wills


Highlights: Tonight I Have To Leave It // Time Left For Love // Normandie // Impossible
Genre: Indie-Pop
Sounds Like: Nada Surf // The Shins // Arcade Fire // The Cure

VÖ: 25.05.2007

Indie-Pop ist in, das ist allgemein bekannt. Zumindest das, was man früher noch "Indie" genannt hätte. Razorlight laufen auf Radiosendern auf Heavy Rotation, die sonst Justin Timberlake und Nelly Furtado rauf und runter spielen; Maximo Park sind eins der Zugpferde der diesjährigen MTV Campus Invasion, und wenn Eventim bald Tickets von Sugarplum Fairy und den Killerpilzen im Verbund anbieten würde, wäre das auch nicht weiter verwunderlich. Nur schade eigentlich, dass Qualität der Musik und Bekanntheitsgrad sich nicht automatisch proportional zueinander verhalten. Wenn dem so wäre, hätten die - der breiten Masse wohl relativ ungeläufigen - Shout Out Louds schon 2005 nach ihrem tollen Debütalbum "Howl Howl Gaff Gaff" die großen Hallen füllen müssen. Und spätestens diesen Sommer, nach dem Release von "Our Ill Wills" wären vielleicht sogar schon die Stadien dran.

OK, Hang zur zeitweiligen Übertreibung beiseite, aber spitzenmäßige Songschreiber waren die Shout Out Louds wirklich schon immer. Was 2005 "Please Please Please" und "100 Degrees" waren, sind 2007 beispielsweise "Time Left For Love" und "Tonight I Have To Leave It": Einfach gelungene Popsongs, die so schön sind, dass man sie sofort mit jedem, den man mag, teilen, und jedem doofen Arsch dieser Welt auf ewig vorenthalten möchte. Stehen geblieben sind die Schweden trotzdem nicht. Der Verdacht, dass desöfteren The Cure gehört wurde, vor allem das selbstbetitelte Werk, drängt sich besonders bei langsameren Stücken wie "Impossible" nicht nur durch die leidende Stimme von Sänger Adam Olenius auf. Weiterhin scheint mit "Blue Headlights" auch schon mal für den Ernstfall geübt zu werden, wenn irgendwann die Todesstrafe auf Hosenträger-auf-der-Bühne-Tragen eingeführt wird und die Band infolgedessen ohne Frontmann dasteht. Dieses Stück, für Bandverhältnisse relativ spärlich inszeniert, wird nämlich von Keyboarderin Bebban Stenborg vorgetragen. Jedoch gilt auch hier: Experiment geglückt. Der letzte Titel schließlich, "Hard Rain", erstreckt sich über vollkommen banduntypische 7:26 Minuten und steuert mit einem treibenden Schlagzeugrhythmus und ebenfalls ungewohnten, kleineren Noiserockeinlagen dem Ende einer wirklich tollen Platte entgegen.

Das zweite kleine Meisterwerk in Folge also. Wohin führt der Weg jetzt konsequenterweise? Vielleicht doch zu ausverkauften Mehrzweckhallen? Naja, machen wir uns nichts vor: Die Festivals, auf denen die Shout Out Louds hohe Positionen füllen, werden auch in Zukunft nicht Rock am Ring und Hurricane, sondern weiterhin Omas Teich und Immergut heißen. Für Größeres ist die Welt zu "falschrum", wie die Band Tele einst formulierte, vielleicht die Band auch einfach nur zu untrendy. Aber eigentlich, Hand aufs Herz, ist das auch gut so. Denn eigentlich will man diese wunderbare Band nicht mit der Masse teilen, die sie irgendwann wieder fallen lässt, wenn Indie nicht mehr der Flavor-of-the-Month ist. Einmal im Herz aufgenommen, darf man die Shout Out Louds dort nämlich nie mehr hinauslassen.

Jan Martens

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