Rezension

Sankt Otten

Wunden gibt es immer wieder [digital only]


Highlights: Auf Sünde folgt Strafe // Taschensymphonie
Genre: Ambient Krautpoptronics
Sounds Like: Ennio Morricone // Sigur Rós // To Rococo Rot // Dextro // Múm

VÖ: 06.12.2007

Einstieg eins: Im virtuellen Raum ist es ein Schritt von Pendikel zu Sankt Otten. In der Realität gibt es größere Gemeinsamkeiten, aber auch ohne diese tauchen beide Namen immer wieder in der Nähe des jeweils anderen auf.

Wäre das aktuelle sphärisch dichte Sankt-Otten-Album „Wunden gibt es immer wieder“ nicht nur digital erhältlich, fiele Einstieg zwei weg, so aber bleibt anzumerken: Die Bewohner von Nerdistan – die deutschen Musikliebhaber zwischen Spex und Visions, zwischen Helga-Rockt.de und Plattentests.de – nutzen zwar alle Vorteile des Web 2.0 von Myspace über Youtube zu kostenfreien Downloads, doch sobald es um den Kauf von digitalen Alben geht, wird konservativ der Vorteil des harten haptischen Tonträgers gepriesen.

Entsprechend mutig ist es für eine Band, sich zu entschließen, ein Album – und sei es vorläufig – nur digital zu veröffentlichen. Logisch und zielgerichtet hingegen ist es dann, diese Veröffentlichung bei einem australischen – oder verallgemeinernd englischsprachigen – Label wie Hidden Shoal Recordings unterzubringen. Bei der Qualität, die „Wunden gibt es immer wieder“ besitzt, wunderte es nicht, wenn dieser Umweg und die nötige Mundpropaganda auf mittlere Sicht die Botschaft der Intensität Sankt Ottenschen Instrumental-Elektronika-Schaffens auch in Nerdistan zu verbreiten in der Lage wäre.

Stephan Ottens Schlagzeug und Laptop zusammen mit Oliver Klemms (si. Pendikel) Gitarren- und Tasteneinsatz schaffen ein emotional ergreifendes, wenn auch an Spannungsbögen relativ armes, doch intensives Werk, das von den ersten Klängen der „Taschensymphonie“ bis zum Ausklingen von „Stille Wasser“ den Hörer in seinen Bann zieht, hypnotisiert und fasziniert.

Zwischen ambienter Möbelmusik, Soundtrack eines ungedrehten Films und Küstenanrainer-Elektronika fesselt das Album, lässt eingeengt fühlen, in der eigenen Unzulänglichkeit, in der Weite der Musik, um in der Mitte der Songabfolge, mit „Auf Sünde folgt Strafe“ die musikalische Inquisition auf den Hörer loszulassen. Überhaupt, mögen die einzelnen Songs Spannungsbögen, Ausbrüche, Höhepunkte vermissen lassen, so ist die Gesamtheit der Songansammlung doch eine geschlossene Reise.

„Wunden gibt es immer wieder“, ein Album mit einem durchaus nur halbherzig amüsanten Titel, sollte eigentlich zu den Lieblingen in Nerdistan gehören können. Ein Konsens zwischen letztjährigen Höhepunkten und diesjährigen Erwartungen. Vielleicht wird das ja noch was.

Oliver Bothe

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