Rezension

Sam Amidon

I See The Sign


Highlights: Relief // Climbing High Mountains // How Come That Blood
Genre: Singer // Songwriter
Sounds Like: Nick Drake // Elliott Smith // Bright Eyes

VÖ: 02.04.2010

"It's so nice to be here, and now we're gonna sing some folksongs". So, und nicht anders begrüßt Sam Amidon die Besucher seiner meisten Konzerte, und die Begrüßung ist äußerst zutreffend. Der 29jährige Musiker aus Vermont kam schon in seiner Jugend durch seine Eltern (ja, Folkmusiker) zu den einfachen, wunderbaren, oft hunderte von Jahren transportierten Songs. Sein nunmehr fünftes Album bringt das Ganze auf Platte: Er schnappt sich diese alten Stücke voll weiser Worte, rearrangiert sie sensibel (mit Hilfe des absoluten Masterminds Nico Muhly!) und erzeugt einen spannungsreichen, kribbelnden Diskurs aus Musik des 19. Jahrhunderts und Avantgarde-Instrumental-Musik des 21. Jahrhunderts.

Auf "I See The Sign" gibt es so eine Menge von Sams beizeiten klarer, dann auch kratziger, quälender, aber immer aufrichtiger, warmer Stimme, die an niemand anderen als den großen Nick Drake erinnert, ein zurückhaltendes Banjo, seicht gezupfte Gitarren, Streicher, und abgedrehte Soundfetzen, die sich zu Türmen stapeln, um gleich wieder zu zerfallen. Farb- und Harmoniewechsel, spontane Falltüren, sensibel austariert, trotz allem elegant und leichtfüßig. Das alles in einer Mischung aus Balladen, Gospel und Folksongs aus alter Zeit, mit Lyrik aus alter Zeit, veröffentlicht bei der Bedroom Community, ein Label ,welches so manchem durch kreative Kollektivausbrüche wie The Whale Watching Tour (mit Nico Muhly, Ben Frost und Valgeir Sigurðsson, Labelchef und Produzent von "I See The Sign") bekannt sein mag.

Diese wundersame Kombination aus alt und neu, aus purer Liebe zur bloßen Musik, dem Song, der alten Lyrik an sich, macht "I See The Sign" ungeheuer zeitlos schön, und vorallem auf zurückhaltende Art und Weise aufregend. Niemand hätte sich träumen lassen, wie wundervoll ein R. Kelly-Cover (!) wie "Relief" in Sam Amidons Gewand klingen kann, in direkter Folge auf schlichte aber doch so wahre alte Texte wie in "Climbing High Mountains" (I'm climbing high mountains // trying to get home).

Müßig ist es, hier Highlights auszumachen, stellt die Platte doch eine durchgehende Sphäre da, einen Rausch des Wohlgefühls und der Gemütlichkeit auf konstantem Niveau. Sam schafft es, das wundersame Bauchgefühl, welches "How Come That Blood" schon anfangs aufbaut, nicht einmal abbrechen zu lassen, es zu einem homogenen Gesamtalbum werden zu lassen, welches vielleicht das beste Singer-Songwriter-Album des Jahres 2010 ist - ganz sicher aber eines, in das jeder, der es noch nicht getan hat, reinhören sollte.

Daniel Waldhuber

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