Rezension
Robots Don't Sleep
Mirror
Highlights: Don’t Wake Me // Mirror // Arms
Genre: Pop // Electro // Sound of 2013
Sounds Like: Woodkid // Yasha // Robot Koch // Maxim // Imagine Dragons // Jamie Woon // SOHN // Jazzanova // Apparat // Moderat
VÖ: 25.04.2014
Pop: wer den richtigen Moment erwischt, startet durch; wer zu früh oder zu spät ist, verliert.
Juni 2013 schien der Zeitpunt für Robots Don’t Sleeps “Don’t Wake Me” zu sein. Zwischen Ms Mr, Yasha, Maxim, Imagine Dragons und Woodkid traf es perfekt den Sound des Augenblicks: Pop, der ebensoviel dem Electro wie dem R’n’B verdankt. Gerüchteweise war auch das zugehörige Album “Mirror” da bereits länger fertig. Dank der Abgründe des Musikgeschäfts erscheint es erst jetzt.
Mit Robots Don’t Sleep setzen der Ex-Kasseler, Ex-Berliner und Neu-LA-Bewohner Robot Koch und John LaMonica ihre Kooperation fort, die auf Kochs letztem Album begann. Nach einer Vorab-EP im November 2012 ist “Mirror” für beide das erste Album auf einem Major-Label. Sie zielen damit nicht zuletzt auf das Electro-R’n’B-Feld, das sich zwischen James Blake und The Weeknd in den letzten Jahren eröffnet hat, wobei Robots Alben schon länger in eine ähnliche Richtung deuteten. Andererseits ist “Mirror” der offensive Versuch, sich ein größeres Pop-Publikum zu erschließen, als dies mit Kochs und LaMonicas anderen Projekten wahrscheinlich wäre. “Mirror” ist durchgängig radiotauglich und weitgehend potentiell störender Ecken und Kanten befreit. Bei manchem Stück drängt sich gar der Eindruck auf, beide orientierten sich explizit an anderen Künstlern. So entsteht ein vertraut klingendes und doch vielfältiges Album. Die zwölf potentiellen Singles deuten zudem auf den Versuch, unbedingt einen Song zu schreiben, dessen Airplay das Album zum Erfolg machen könnte. Der offenkundigste Kandidat war und ist “Don’t Wake Me”. So schien im Sommer 2013 auch alles richtig zu laufen, doch dann wurde das Album geschoben.
Mit mindestens acht Monaten Verspätung erscheint “Mirror” jetzt dann doch, und bei aller scheinbarer Kritik oben, freut man sich beim Hören. Mag sein, es wurde nach klaren Rezepten vorgegangen, sei es drum, denn man fühlt sich im Klang dieser Platte durchgängig wohl. Kochs samtene Produktionen, die sowohl im Hier und Jetzt verankert sind, aber sich der Geschichte des Pop ebenso verbunden fühlen, und Monicas seelenvoller Gesang ergänzen sich und schaffen so Ohrwürmer der besseren Sorte. Der Reiz der Platte liegt nicht zuletzt darin begründet – und das verbindet sie erneut mit dem Sommerklang 2013 –, dass Produktion und Gesang selbst in euphorischen Momenten immer eine Grundmelancholie halten. Es schwingt immer eine gewisse leicht düstere Atmosphäre mit.
Wie erwähnt, erinnert manches hier stark an andere Künstler. So klingt “Safe Now” wie eine Sade-Nummer und der UK-Garage von “Run” könnte eins zu eins vom Radiohead-Remix-Album “TKOL RMX 1234567“ stammen – alternative Bezugspunkte sind Modeselektor, Apparat oder Moderat.
Nicht selten möchte man sich der offenkundigen Poppigkeit entziehen, und dann packen einen die Stücke doch. Selbst die relativ häufig vertretenen, typischen Indie-Soulelectro-Nummern überzeugen schlussendlich. Ein Beispiel hierfür bietet direkt die Albumeröffnung. Mögen die Handclaps in “Trouble” noch so kitschig wirken, am Ende gewinnt der treibend-bluesige Soul. Der Titeltrack wiederum ist ein basslastig düsteres, langsam vor sich hinstapfendes Monster, wogegen “Hold It Down” als aufgepoppter und doch unterkühlter Dubstep-Klon daherkommt. Auch “Happy People” erscheint nicht als fröhliche Popnummer, sondern überzeugt in seiner dunklen Pop-Schönheit. Ebenso traurig erklingt “Find A Way”, das aber vor allem dank eines immer wieder auftauchenden, hoffnungsvollen Glitzerns gelingt. Und dann ist da noch “Don’t Wake Me”.
Pop, mehr ist “Mirror” nicht, aber vor allem ist es nicht weniger. Robots Don’t Sleep präsentieren ein Album im Grauraum zwischen Euphorie und Melancholie. In all seiner penetranten Eingängigkeit versteckt sich genug Erinnerungswürdiges, um es nicht nach einem Mal hören, satt zu sein. Es mögen die Alleinstellungsmerkmale fehlen, aber das hindert die Musik nicht daran, einfach und im besten Sinne “schön” zu sein.