Rezension

Queens Of The Stone Age

Lullabies To Paralyze


Highlights: Little Sister // Everybody Knows That Your Insane // I Never Came
Genre: Psychedelic-Stone-Desert-Rock
Sounds Like: Desert Sessions // Masters Of Reality

VÖ: 21.03.2005

Kaum eine Platte wurde wohl in letzter Zeit mit höherer Spannung erwartet, als das neue Werk der Queens. Viele Fragen bewegten den geneigten Hörer im Vorfeld: Wie kommt Josh Homme ohne seinen kreativen Gegenspieler Nick Oliveri aus? Wie ist die Band über den Beinahe- Split hinweggekommen? In welche Richtung wird das neue Material gehen?Und ist es überhaupt möglich, einen Meilenstein wie "Songs For The Deaf" zu toppen? Doch Eines nach dem Anderen...

Man muss es so deutlich sagen: Nick Oliveri fehlt zeitweise an allen Ecken und Enden. Sei es einfach als zweite Stimme oder aufgrund der Tatsache, dass man nach jedem Track ein Stück erwartet, bei dem Nick dazwischengrätscht und mal tüchtig zwischen die Beine tritt. Ja, der Wahnsinn, der Nick zum Verhängnis geworden ist fehlt hier ganz klar und man wünscht ihn sich scheinbar deutlicher herbei, als man es sich vorher vielleicht eingestanden hätte.

Trotzdem kann man den Queens nicht vorwerfen, dass die Qualität der Songs unter der Trennung gelitten hätte. Diese bewegen sich nämlich auch weiterhin auf hohem Niveau. Was allerdings sofort auffällt ist, dass sich das Album wunderbar in zwei Teile aufteilen lässt. Einem recht untypischen Beginn, eine von Mark Lanegan eingesungene Akustiknummer, folgt der typische QOTSA Opener. Dieser heißt diesmal nicht "Feel Good Hit Of The Summer" oder "You Think I Ain´t Worth..." sondern "Medication", besitzt aber die gleiche Durchschlagskraft und Energie. Mit einem feisten Bottleneck Einstig geht es weiter in das straight rockende "Everybody Knows That Your Insane". Hellyeah! Genau dazu will man auf dem staubtrockenen Boden die Sau rauslassen. Gleiches gilt für den folgenden Stampfer "Tangled Up In Plaid". "Burn The Witch" und das bereits von der letzten Desert Sessions Platte bekannte "In My Head" drosseln dann etwas das Tempo, bevor mir dem mitreißenden "Little Sister" der offensichtlichste Hit ausgepackt wird. Dann der Schnitt...

Dunkle Wolken ziehen auf und die QOTSA offenbaren ihr düsteres, ja beinahe schon psychotisches, zweites Gesicht. Das war man bisher nicht gewohnt und dem ersten Schock folgt Skepsis, die dann zuerst Interesse und schließlich Neugier Platz macht. Ganz automatisch wandert beim Hören der Fokus von den rauhen Riffs zu den fantastischen Gesangslinien Josh Homme´s. Sanft weht einem der Todeshauch in "I Never Came" ins Gesicht, um dann eine wahre Horrorfahrt zu entfesseln. "Someone´s In The Wolf" und "The Blood Is Love" heißen die beiden Hauptprotagonisten dieses Albtraums und ziehen den Hörer mit epenhafter Länge ganz tief in das Schattenreich. Licht fällt da nur noch spärlich durch den Bratgitarrenreißer "Broken Box" rein. Ansonsten gibt es nur noch geisteskranke Sexgeschichten ("Skin On Skin"), abgefuckte Drogentrips ("You´ve Got A Killer Scene There Man") und selbstmörderische Abschiedsgesänge ("Long Slow Goodbye") auf das geschundene Gemüt.

Ein verdammt schwerer Brocken, den uns die Queens hier vorsetzen. Sowas muss man erstmal verarbeiten. Wenn man sich aber auf "Lullabies To Paralyze" einlässt, wirkt das Album wie die meißten Drogen. Zuerst will man nie wieder damit in Berührung kommen, aber dann lässt es einen doch nie wieder los.

Benjamin Köhler

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