Rezension

Porcupine Tree

Deadwing


Highlights: Lazarus// Halo// Start Of Something Beautiful
Genre: Artrock, Progrock
Sounds Like: Pink Floyd// King´s X// Rush// Blackfield

VÖ: 21.03.2005

Obwohl Porcupine Tree seit mehr als einem Jahrzehnt die Sparte des Art-/Progrock mit höchst anspruchsvollem Inhalt füllen, ist der Begriff Erfolg immer noch eine vage Komponente im Dasein der Band um Mastermind Steven Wilson. Mit Deadwing scheinen sie nun den Erfolg erzwingen zu wollen.

Anfang der neunziger komponierten sie Musik, die musikalische Tiefen auslotete, die einem einzigen Ton Raum und Zeit zur Entfaltung und Entwicklung ließ, die traumwandlerisch in höheren Sphären zu schweben schien. Mit „Stupid Dream“ erschien Mitte der neunziger das Popwunderwerk, ein Album, das zutiefst bewegte und daraufhin, das ebenso tief schürende „Lightbulb Sun“, bei welchem Pop und Artrock in kongenialer Weise ineinander verflossen. „In Absentia“ aus dem Jahre 2002 ließ schon erkennen, dass Porcupine Tree versuchten sich straighteren Formen zu öffnen und ihre bisherige, oft als Pink Floyd´sche Anlehnung betitelte Arbeitsweise über Bord zu werfen. Auf Deadwing wird diese Entwicklung nun auf die Spitze getrieben. Die Musik folgt klaren Strukturen, Riffs, die fast schon Metalcharakter aufweisen, treten in den Fordergrund. Dagegen werden psychedelische Momente und Ausschweifungen bzw. musikalische Entdeckungsreisen kaum noch eingebunden. Deadwing klingt berechnender und vorhersehbarer als alles, was die Engländer bisher veröffentlicht haben. Dass dies aber nicht immer unbedingt als Nachteil ausgelegt werden muss, beweisen ein paar Großtaten.

Der Titelsong ist zugleich der Opener, kann aber dem Wort Großtat kein Leben einhauchen. Treibend und kraftvoll, teils zupackend prischt er los, aber der Aha-Effekt bleibt aus. Von Porcupine Tree erwartet man außergewöhnliches, dieses Lied hat nichts davon. Ebenso die Single „Shallow“. Intensiv und eingängig ist sie ohne Zweifel, aber das gewisse etwas bleibt auch ihr fern. Der Lichtblick, im wahrsten Sinne des Wortes, folgt mit „Lazarus“, einem schwelgenden, bittersüßen Stück Popkunst. Es steht im Kontrast zu dem Rest des Albums, denn es versprüht einen Funken Licht in die sonst von Dunkelheit umgebenen und mit Nebel umhüllten Lieder. Genau diese Stimmung fängt das Cover ein: Dunkelheit und Licht werden als Stilmittel verwendet, wobei der Anteil der dunkleren Farben überwiegt.

Melancholie, Schönheit aber zugleich auch Bedrohlichkeit verkörpert Deadwing. Melancholie etwa in dem traurigen „Mellotron Scratch“ oder dem abschließenden „Glass Arm Shattering“. Letzteres kann sich aber dem Einfluss eines „Stars Die“ nicht entziehen. Steven Wilson versucht die Fastkopie eines seiner besten Kreationen und scheitert an der unverwüstlichen Schönheit des Originals. Trotz dieses bitteren Beigeschmacks bleibt „Glass Arm Shattering“ einer der wohligsten und schönsten Momente des Albums. Und dann ist da ja auch noch „Start Of Something Beautiful“. Aufbrausend, herzerwärmend und berührend in einem. Artrock in Perfektion, nicht mehr und nicht weniger.

Deadwing. Ein solides Machwerk mit einigen begnadeten Höhepunkten. Begnadeter sind jedoch Porcupine Tree´s essentielle Frühwerke.

Marcus Schmanteck

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