Rezension

Pom Poko

Birthday


Highlights: My Blood // My Work Is Full Of Art // Crazy Energy Night // If U Want Me 2 Stay
Genre: Art-Punk
Sounds Like: Deerhoof // Le Tigre // Klaxons

VÖ: 22.02.2019

Auf eine weirde Art und Weise schön, und auf eine schöne Art und Weise weird. Das beschreibt unter anderem: Den Film „Pom Poko“ der japanischen Ghibli-Studios mit seinen mythologischen Marderwesen und ihren verwandelbaren Hodensäcken, der hinsichtlich seiner etwas verstörenden Wirkung selbst andere Werke der Produzenten wie „Spirited Away“ alt aussehen lässt. Das beschreibt aber auch: Die norwegische Band Pom Poko, die sich für ihren verqueren Sound genau den richtigen Namensvetter ausgesucht hat.

Dabei hätten koreanische Vorbilder auf den ersten Blick besser gepasst, denn bei so klebrig-süßen und gleichzeitig wilden Songs (man denke zum Auflösen dieses scheinbaren Widerspruchs an die Panik in einer explodierenden Red-Bull-Fabrik) wie denen auf „Birthday“ könnte man zunächst an all jene K-Punk-Bands denken, die man hierzulande vorrangig durch geschmacksverirrte präpubertierende Cousinen oder folgenschwere YouTube-Verklicker kennt. Dies liegt nicht zuletzt auch am Gesang von Sängerin Ragnhild, der auf den Dutzend Songs des Albums immer wieder zwischen Sirene (im mythologischen Sinne) und Sirene (im Feueralarm-Sinne) wechselt.

Um die Trondheimer jedoch komplett in die Bubblegum-Schublade zu stecken, dafür ist ihr Debüt zu gewitzt und vor allem auch in seinen Songstrukturen zu abwechslungsreich: Selbst ein Song wie „Crazy Energy Night“, der mit dreieinhalb Minuten Länge und klarem Refrain-Strophe-Schema noch am ehesten in die Rotation extrem mutiger Radiosender passen würde, gönnt sich aber ein wildes Break ebenso sehr wie diverse komplett überkoffeinierte Schlagzeugparts. Bei „If U Want Me 2 Stay“ wiederum bildet quasi ein vertonter elektrischer Kurzschluss den Übergang zwischen einem quietschigen Marsch, einer kleinen balladesken Einlage und einem finalen Gitarrengewitter. Da passiert auf zwei Songs schon mehr als in der Karriere manch anderer Punkband.

Nur leider zeigt so mancher Song auf „Birthday“, dass Unberechenbarkeit und Abwechslungsreichtum nicht immer auch mit Qualität gleichzusetzen sind: Manchmal überfordern Ragnhilds Falsett, die immer wieder durchblitzende Liebe zur Disharmonie und auch die immer neuen Ideen und Wendungen dermaßen, dass man nach der knappen Dreiviertelstunde des Albums auch erst einmal kapitulierend die weiße Flagge schwenken möchte. Das wird trotzdem die meisten nicht davon abhalten, ihren Freunden von Pom Poko vorzuschwärmen und das Album in unregelmäßigen Abständen wieder hervorzukramen – was ja auch wieder zu Studio-Ghibli-Filmen passt.

Jan Martens

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