Rezension

Poliça & Stargaze

Music For The Long Emergency


Highlights: Fake Like // How Is This Happening // Music For The Long Emergency
Genre: Pop // Neoklassik // Avantgarde
Sounds Like: Poliça // Stargaze // Yeasayer // Austra

VÖ: 16.02.2018

Aus der Idee zu diesem Album ist eine Menge Gutes entstanden. Weil Poliça um Sängerin Channy Leaneagh und Mastermind Ryan Olson sich mit Stargaze, dem Berliner Orchester-Kollektiv um André de Ridder, zusammentaten und merkten, wie fruchtbar die Zusammenarbeit war, wollten sie den genreübergreifenden, experimentellen Prozess auf die Bühne bringen. So war die Grundidee zum Michelberger Music Festival in Berlin im Oktober 2016 geboren. 80 Künstler*innen aus verschiedensten Bands, Poliça, The National, Bon Iver, Alt-J, Kings Of Convenience, Sam Amidon, Käptn Peng, Stargaze, der Chor Cantus Domus und viele mehr waren zugegen. Probten eine Woche lang verschiedenste Kollaborationen, die dann an einem Wochenende für die Zuschauer*innen überraschend auf die Bühnen des Funkhauses gebracht wurden. Daraus entstanden etwa eine Menge Sounds der aktuellen The-National-Platte „Sleep Well Beast“, „22, A Million“ von Bon Iver wurde dort uraufgeführt, Mouse On Mars und Justin Vernon fanden für ein gemeinsames Album zusammen, und und und.

Und „Music For The Long Emergency“ ist praktisch einer der Grundsteine dieser ganzen sprudelnden Kreativität, und jetzt erschienen. Ein Album genau an der Schnittstelle zwischen Klassik und Pop, Poliça, nur dass die Musik statt von Synths und Gitarren nun von Streichern getragen wird. Dahinter dann noch eine politische Idee, etwa das zentrale Stück „How Is This Happening“ wurde vor dem Hintergrund der Wahl Donald Trumps geschrieben. So viel Potential das alles hat, so fruchtbar diese Zusammenarbeit ist und so eine gute Idee sie auch ist: Der Output in Albumform ist unausgereift.

Ist der Opener „Fake Like“ etwa eine leichte sommerliche Popnummer, getragen von gezupften Streichern und einem geschmeidigen Beat, so ändert das folgende „Marrow“ die Stimmung vollkommen. Die Musiker*innen versuchen sich in einer lärmigen, wütenden Crossover-Rocknummer, nur eben mit Poliça- und stargaze-Mitteln, was irgendwie so gar nicht funktionieren mag. „Cursed“ ist da leider noch etwas unangebrachter. Auch wenn die Platte ihre guten und starken Momente hat, vor allem in den langen beiden Abschlussstücken „How Is This Happening“ und „Music For The Long Emergency“, bleibt es auf Albumlänge doch wenig kohärent und es ist schwierig, einer Grundidee zu folgen. Auch inhaltlich wirkt es unausgereift – die Frage „How Is This Happening“ bleibt eine Klage in den leeren Raum, ohne weiterzudenken. So wirkt „Music For The Long Emergency“ mehr wie ein offener Projektzwischenstand, eine Soundkollage, eine Ansammlung verschiedenster Ideen, als wie ein Album, in das wir als Hörer*innen leicht versinken können.

Daniel Waldhuber

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