Rezension

Phoebe Bridgers

Punisher


Highlights: Kyoto // Chinese Satellite // I Know The End
Genre: Singer-Songwriter // Indie-Folk
Sounds Like: Boygenius // Better Oblivion Community Center

VÖ: 19.06.2020

Kaum zu glauben, doch mit „Punisher“ veröffentlicht Phoebe Bridgers erst ihr zweites Solo-Album. Seit ihrem Debüt „Stranger In The Alps“ im Jahr 2017 ist die Kalifornierin dennoch alles andere als untätig gewesen: 2018 veröffentlichte sie gemeinsam mit Julien Baker und Lucy Dacus als Boygenius eine wunderbare EP und kurz darauf folgte 2019 in Zusammenarbeit mit Conor Oberst (Bright Eyes) eine hervorragende LP in voller Länge als Better Oblivion Community Center. Diese musikalischen Wegbegleiter:innen (und noch einige mehr) sind nun auch auf „Punisher“ zu hören und Phoebe Bridgers ist zur heimlichen Anführerin dieses Trüppchens avanciert.

Denn Bridgers ist ein einnehmendes Phänomen, das spätestens seit "Stranger In The Alps" einen festen Platz im gut sortierten Indie-Plattenladen von nebenan gefunden hat. Sie hat ihre kleine aber feine Nische irgendwo zwischen düsterem Indie-Folk und Post-Emo-Melancholie besetzt und füllt diese seither mit überraschend viel Humor. Das klingt so widersprüchlich wie das Leben selbst. Nun geht es auf „Punisher“ eher um's Ende und die Endlichkeit – ob damit die immer wieder thematisierte unschöne Seite des Liebens oder mitunter doch gar das Leben beziehungsweise der Tod selbst gemeint sind, bleibt offen. Doch Bridgers scheint Expertin darin zu sein mit einer faszinierenden Leichtigkeit Widersprüche, deren Spannung eigentlich kaum auszuhalten sind, zu vereinen. Mit einem Lächeln auf den Lippen singt sie die traurigsten Texte dieser Welt und das scheint ihr – im wahrsten Sinne – unheimliche Freude zu bereiten. Gleichzeitig gibt es wohl kaum Künstler:innen, die so authentisch wie sie Zeilen singen können wie „Guess I lied // I'm a liar // who lies // 'cause I'm a liar“ („Kyoto“) und fähig sind, in ebendieser Trivialität so viel Verständnis für das Leid, die Liebe und das Leben zu legen. Bridgers schafft es so, ungeheur traurige Singer-Songwriter-Stücke wie „Garden Song“ und „Chinese Satellite“ mit dem ungewohnt poppigen „Kyoto“ oder auch dem folkigen „Graceland Too“ zu vereinen. Das spektakuläre Ende bildet der Endzeitstimmungs-Song „I Know The End“, der das Album auf unerwartete Weise ziemlich stimmig abrundet.

„Punisher“ ist ein würdiger Nachfolger des Solo-Debüts und ein eindrucksvoller Beleg dafür, dass Phoebe Bridgers aus der von ihr besetzten bitter-süßen düsteren Nische nicht mehr wegzudenken ist.

Nicole Dannheisig

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