Rezension

Peter Broderick

Music For Contemporary Dance


Highlights: Part 5: Awaken/Panic/Restraint // Understanding
Genre: Minimal Music // Ambient
Sounds Like: Nils Frahm // Max Richter // Hauschka // Ben Woods // Philip Glass // Steve Reich

VÖ: 12.11.2010

Erst vor wenigen Wochen ließ uns Peter Broderick mit „How They Are“ an einer handvoll intimer Schlafzimmeraufnahmen teilhaben, die während seiner durch gesundheitliche Probleme bedingten Zwangspause zu Beginn des Jahres entstanden sind. Es war eine bunte Mischung aus Folksongs im Stile seines Albums „Home“ sowie aus meditativen Klavierstücken, die denen seines Debütalbums „Docile“ glichen. Mit „Music For Contemporary Dance“ eröffnet sich ein Blick auf eine weitere Facette der musikalischen Fähigkeiten des gerade einmal 23 Jahre alten Amerikaners. Es handelt sich hierbei – der Titel legt es nahe – um Kompositionen für zeitgenössische Tanzstücke und umfasst sowohl den im Sommer letzten Jahres erschienenen Soundtrack „Music For Falling From Trees“ als auch „Music For Congregation“, die der musikalischen Untermalung eines Stückes dient, das Ende September seine Uraufführung hatte.

Wer sich von Peter Broderick also ein neues gitarrenlastiges Folkalbum erhofft hatte, wird von diesen modernen klassischen Stücken sicherlich enttäuscht sein. War schon bei „How They Are“ die richtige Einstellung des Hörers von entscheidender Bedeutung, so gilt dies für „Music For Contemporary Dance“ umso mehr. Verständlicherweise wird es für den einen oder anderen ein wenig Überwindung kosten, sich an dieses Werk zu wagen. Wieso sollte man sich Musik für Ballettstücke anhören? Kann das überhaupt funktionieren, oder kann diese Musik nicht nur in Verbindung mit den Choreographien, für welche sie komponiert wurde, ihre Wirkung entfalten? Lohnt es sich, sich mit diesem Stück Musik, das schon einen solch trockenen Titel trägt, auseinanderzusetzen oder ist Peter Brodericks neueste Veröffentlichung nicht eher etwas für eingefleischte Fans?

Es braucht seine Zeit, bis man mit diesen minimalistischen Stücken, die sich aus sich allmählich weiterentwickelnden Streicherteppichen und feinen Klaviertupfern sowie hellen Glockenspielklängen zusammensetzen, etwas abgewinnen kann. Man muss empfänglich werden für diese Musik, die von feinsinniger Dynamik geprägt ist, die Effekthascherei stets umgeht und es vermeidet, die konsequenten Spannungsbögen vorschnell zu beenden – und schon bald wird man das große musikalische Gespür erkennen, mit dem Broderick diese Stücke komponiert hat. Der mit „Part 5: Awaken/Panic/Restraint“ betitelte dramatische Höhepunkt von „Music For Falling From Trees“ ist so dicht und atmosphärisch ausgestaltet, dass die Frage, worum es sich in dem Stück dreht, in den Hintergrund rückt. Diese Musik erzählt ihre eigene Geschichte und für jeden Hörer ist es eine andere. Während man beim ersten Hören die innere Dramaturgie des knapp siebenminütigen „Understanding“, welches zum Soundtrack „Music For Congregation“ gehört, nur schwer erfassen kann, hat man mit der Zeit das Gefühl, immer besser zu verstehen, was hier vor sich geht.

Es ist schon erstaunlich, dass man dieser so schlichten und minimalistischen Musik so deutlich Peter Brodericks musikalische Handschrift anhört. Er malt mit diesen Kompositionen Bilder, die einen immer wieder an seine früheren Alben erinnern. Gerne lässt man sich von dieser Musik entführen, die mit ihrer Ruhe und Weitsicht bisweilen gar eine meditative Wirkung entfaltet. Selten fühlt man sich nach dem Hören von Musik so erholt wie nach dem Hören von „Music For Contemporary Dance“, welches gerade zu Beginn durchaus eine Herausforderung darstellt, dafür aber viel zurückgibt, wenn man sich darauf einlässt.

Kilian Braungart

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