Rezension

Peter Broderick

How They Are


Highlights: Sideline // Human Eyeballs On Toast // Pulling The Rain
Genre: Singer-Songwriter // Minimal Music // Ambient
Sounds Like: Nils Frahm // Max Richter // Hauschka // Ben Woods // Philip Glass // Steve Reich

VÖ: 03.09.2010

2010 sollte eigentlich Peter Brodericks großes Jahr werden. Die Arbeiten an seinem neuen Album zusammen mit dem gleichgesinnten Berliner Musiker Nils Frahm machten große Fortschritte und eine große Tour mit Band schwebte dem 23jährigen Musiker aus Portland bereits vor. Doch dann sollte alles anders kommen. Knieprobleme zwangen ihn, seine großen Pläne zu verschieben und für einige Wochen zurück nach Hause zu gehen, um sich zu regenerieren.

Trotz der körperlichen Einschränkungen schrieb Peter Broderick weiter Songs. Das Benutzen von Instrumenten war kaum möglich. Stattdessen suchte er eine neue Herangehensweise: Alle Songs entstanden im Bett liegend am Laptop, ausgehend von Worten anstatt von Tönen. Er stellte fest, dass diese Zwangspause auch ihre gute Seite hatte: sie gab ihm Zeit, in sich zu gehen und in aller Ruhe Gedanken und Ideen zu entwickeln. Die auf diese Weise entstandenen Texte vertonte er dann nach und nach mit Klavier und Gitarre, den beiden Instrumenten, die er vor Ort zur Hand hatte und welche auch die zentralen Instrumente seines bisherigen musikalischen Schaffens darstellen. So erinnert diese kleine, intime Songsammlung, welche Broderick „How They Are“ betitelte, zuweilen an die minimalistischen Klavierstücke von „Docile“, in anderen Momenten hat man Assoziationen zu seinem von der Gitarre getragenen Folkalbum „Home“.

Was „How They Are“ mit Brodericks anderen Alben ebenfalls gemeinsam hat, ist diese unglaubliche Ruhe, mit der der junge Amerikaner musiziert. Obwohl die Songs mit einfachsten Mitteln aufgenommen wurden, strahlen sie eine Erhabenheit und Würde aus, die einen immer wieder staunen lässt. Nie klingt Broderick depressiv oder verzweifelt, er zeigt sich stets gefasst und ruhig. Es sind nur ein paar Klaviertöne nötig, einige wenige Gitarrenpickings, und schon fühlt man sich eingebettet in Brodericks Klangwelten, die so einfach und vielfältig zugleich sind, dass man sich ihrer Faszination nicht entziehen kann. Vom A-capella-Beginn von „Sideline“ bis zum abschließenden „Hello To Nils“ überspannt diese in Form und Thematik recht unterschiedlichen Stücke der Bogen ihres gemeinsamen Entstehungsprozesses.

Allerdings verlangt dieses Album vom Hörer, dass man sich in Peter Brodericks Situation hineinversetzen kann. „How They Are“ ist kein Album, das man nebenbei hört. Stellt man sich jedoch darauf ein, kann es eine nahezu meditative Wirkung entfalten. Das Hören dieses Albums ist wie ein kurzes Innehalten im hektischen Alltag, ein kurzer Moment der Reflexion, der einen über sich selbst klarer werden lässt. „How They Are“ mag ein Zufallsprodukt sein – Peter Broderick kann damit jedoch mehr als zufrieden sein. Auch wenn das Schreiben dieser Songs in erster Linie dazu gedient haben mag, mit dieser für ihn schwierigen Zeit fertig zu werden, so darf man doch froh sein, am Ergebnis dieser Homerecording-Phase teilhaben zu dürfen.

Kilian Braungart

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