Rezension

Patrick Watson

Just Another Ordinary Day


Highlights: Just Another Ordinary Day // Mary // Shame
Genre: Singer-Songwriter // Impressionismus // Jazz
Sounds Like: Ed Harcourt // Jeff Buckley // Leif Vollebekk // Erik Satie // Claude Debussy // Antony & The Johnsons

VÖ: 01.10.2010

Mit seinen 31 Jahren hat Patrick Watson bereits eine beispielhafte musikalische Karriere hingelegt. Sein vor drei Jahren erschienenes Album „Close To Paradise“ bescherte ihm den renommierten Polaris Music Prize, mit dem Jahr für Jahr das beste kanadische Album ausgezeichnet wird. Es folgten Touren um die ganze Welt. Schnell sprachen sich die Live-Qualitäten dieser Musiker herum, deren ekstatisches Musizieren dem Wahnsinn gefährlich nahe kommt. Mit „Wooden Arms“ setzten die Kanadier ihren Weg konsequent fort und zeigten ihre Weiterentwicklung als Band auf. Der Beginn dieses Prozesses liegt aber noch um Einiges weiter zurück. Bevor die Erfolgsgeschichte von „Close To Paradise“ und ihren Folgen begann, hatten Patrick Watson und seine Band bereits ein Album im Eigenvertrieb veröffentlicht. „Just Another Ordinary Day“ ist der Name des 2003 erschienenen Werkes, das Patrick Watson und seine Band am Beginn ihrer Karriere zeigt. Wollen wir also die nun erfolgte Neuveröffentlichung des Albums nutzen, um einen Blick zurück zu werfen.

Wie ein lose zusammenhängendes Gebilde wirken die ersten Gehversuche der Band auf diesem Album – und das betrifft sowohl die Songs an sich als auch ihre Abfolge. Man spürt, dass diese Songs nicht alle aus dem Zusammenspiel entstanden sind. Vielmehr ist es Patrick Watson selbst, der hier bestimmt und seinen Ideen freien Lauf lässt. Seine klassische Vorbildung und die Liebe zum Jazz sind es, die „Just Another Ordinary Day“ am meisten prägen. Mit einem klassischen Singer-Songwriter-Album hat das Ganze nur wenig zu tun. Auch auf seinen späteren Alben versucht Watson stets, die üblichen Muster zu durchbrechen, wobei man hier nicht das Gefühl hat, dass einfache Songs die Grundlage zur Demontage bieten. Nur im titelgebenden Opener mit seinem abrupten Bruch in der Mitte wird so verfahren. Ansonsten ist es meist Patrick Watsons Umherschweifen am Klavier, das von seiner Band entsprechend unterlegt wird. Somit bietet das Klavier auch am meisten Halt beim Hören dieses Albums, bei dem man aufgrund des Mangels an Prägnanz gerne einmal den Anschluss verliert.

Wer jedoch bereit ist, in Patrick Watsons Klangwelten einzutauchen, wird mit einem unheimlich dichten und atmosphärischen Album belohnt, das jedoch oft in solch düstere und verworrene Ecken abdriftet, dass es schon fast unangenehm ist. „Silent City“ mit seinen bohrenden Dissonanzen und seinen wahnwitzigen Saxophon-Eskapaden ist eines der Paradebeispiele für Patrick Watsons Hang zum Experimentellen. Das nachfolgende „Shame“ mit seinen siebeneinhalb Minuten wirkt da im Vergleich schon fast gewöhnlich. Daneben ist höchstens noch „Mary“ eines der Stücke, das am ehesten einem klassischen Song entspricht und somit einen Eckpfeiler zur Orientierung in diesem Album bietet, das es stets vermeidet, den direkten Weg zu nehmen.

„Just Another Ordinary Day“ zu hören, ist eine anstrengende und aufreibende Angelegenheit, und wer hier gemütliche Songwriter-Perlen erwartet, wie sie der Nachfolger „Close To Paradise“ zu Hauf zu bieten hat, wird maßlos enttäuscht sein. Dieses Album hat einen von Grund auf anderen Ansatz, mit dem es sich anzufreunden gilt, wenn man damit zurechtkommen will. Wer jedoch den Einstieg wagt, bekommt nicht nur Einblick in die Anfangsphase einer sich zusammenfindenden Band, sondern wird mit einem Album belohnt, dass allein schon dadurch hörenswert wird, dass es den Mut hat, konsequent das Betreten bekannter Pfade zu vermeiden.

Kilian Braungart

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