Rezension

Obits

I Blame You


Highlights: Widow Of My Dreams // Fake Kinkade // Run // Back And Forth
Genre: Indie-Rock // Grunge // Garagen-Rock
Sounds Like: Mudhoney // Rolling Stones // The Stooges // Radio Birdman

VÖ: 27.03.2009

Die schlechte Nachricht vorne weg: Rick Froberg hat den Pfad der Innovation verlassen. Waren Drive Like Jehu und Hot Snakes Quellen der Inspiration für andere, so bedient sich das Multitalent nun selbst. Psychadelisch angehauchter Garagenrock der 1960er trifft auf Punk der 1970er und paart sich mit der Grunge-Schule der 1990er. Darüber thront die – zugegebenermaßen – gewöhnungsbedürftige Stimme Frobergs. Mudhoney, The Stooges, frühe Stones, Radio Birdman – war es das?

Mit "nein" zu antworten wäre zu einfach, wäre nichts anderes als ein Reflex, ein „das kann ja nicht sein“. Das "ja" drängt sich auf, es bleibt allerdings nicht dabei. Aber das "Warum" ist nur schwer zu fassen. Man nehme den Opener „Widow of my dreams“. Ist das ein Hauch von „Holiday in Cambodia“? Die Atmosphäre zu Beginn passt, doch es treibt mehr nach vorne. Indie-Rock statt Punk. Wippen und Kopfnicken statt Pogo, auch wenn die Gitarre zwischendurch doch ab und an ordentlich schrammelt. „Pine on“ ist schon mehr Punk und doch wird schnell klar: Der Beat ist es, der eine Vielzahl der Songs ausmacht. Bass und Schlagzeug geben oft die Richtung vor. Etwas Jamcharakter mit verspielten Soli und quirligen Riffs, bratende Gitarren, etwas Hall und Distortion tun den Rest.

Wenn man den Songs auf den Grund geht, wird das Wirrwarr perfekt. Stoner-Rock paart sich in „Fake Kinkade“ mit einer Spur Les Savy Fav. Je tiefer man gräbt, desto facettenreicher präsentiert sich „I Blame You“. In „Two-Headed Coin“ pumpt der Bass, „Run“ erinnert nicht zuletzt wegen des Gesangs von Froberg – einmal nicht angepisst und keifend – an Radio Birdman und Mudhoney, ja, Mudhoney schielen mehr als nur einmal um die Ecke. Mit „Back And Forth“ schaffen sich die Obits dann noch nebenbei eine entspannte, verspielte Hymne und der Refrain von „Talking To The Dog“ hätte auch Mick Jagger gut gestanden.

Das Fatale: Selbst nach dutzendfachem Hören fallen einem immer mehr Referenzen ein. Aber eines bleibt immer gleich: Bei allen Einflüssen bleibt es hier nicht bei einem Plagiat, da steckt noch genügend Kreativität drin, um einen einzigartigen Vibe zu kreieren, den diese Scheibe ausmacht. Ein roter Faden. Keine Kopie oder Anbiedern, vielmehr ein Export ins Jetzt mit eigener Note und Wiedererkennungswert. Und wer weiß, vielleicht gilt „I Blame You“ dann am Ende doch wieder als innovativ.

Joachim Frommherz

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