Rezension

Noel Gallagher's High Flying Birds

Noel Gallagher's High Flying Birds


Highlights: Everybody's On The Run // If I Had A Gun // (I Wanna Live In A Dream In My) Record Machine
Genre: Britpop // Rock // Hymne
Sounds Like: Oasis // The Verve // Paul Weller

VÖ: 14.10.2011

Als Oasis-Fan hatte man es nicht immer leicht. Stets musste man die Größe der Band gegen Ungläubige verteidigen, die nicht aufhören wollten, zu betonen, dass doch alles geklaut sei und die Gebrüder Gallagher außerdem unverschämt arrogant. Aber es war doch eher so: Ihre Arroganz war unser Auftrag. Selbst dann noch, als die Alben wirklich nicht mehr ganz so gut waren und Liam Gallagher zu einer immer clowneskeren Figur mutierte. „Don’t Believe The Truth“ nannten die Band ihr bislang vorletztes Album und das taten wir. Wir glaubten der Wahrheit nicht und brüllten den Gegnern stattdessen noch lauter ins Gesicht: „ We’re gonna live forever.“ Am 28. August 2009 war auch damit Schluss. Nach einem heftigen Streit zwischen den Gallagher-Brüdern unmittelbar vor einem Festivalauftritt in Paris trennte sich die Band.

Während es um Noel danach ruhig wurde, abgesehen von zwei Londoner Solo-Konzerten im März 2010, verkündete Liam bereits drei Monate nach der Trennung trotzig, mit den verbleibenden Bandmitgliedern weiterhin Musik machen zu wollen. Als Beady Eye erntete man mit dem Album „Different Gear, Still Speeding“ zu Beginn des Jahres jedoch hauptsächlich müdes Schulterzucken. Für die großen Songs bei Oasis war schließlich immer nur einer verantwortlich und der verkündete erst im Sommer Details zu seiner Soloplatte, die dieser Tage erschienen ist.

„Noel Gallagher’s High Flying Birds“ heißt sie also, wobei „High Flying Birds“ mitnichten für eine neue Band steht, sondern wieder so ein herrlicher Quatsch-Begriff ist, der einmal erdacht, raus in die Welt musste. Einfach weil er gut klingt. Dieses Schlawinerhafte ist den Gallaghers hinter aller Pose immer schon zu Eigen gewesen. Zwei feixende Brüder, die sich über ihre Streiche köstlich amüsieren können. Liest man die unzähligen Interviews zu seiner Soloplatte, wünscht man sich fast, Noel Gallagher bekäme eines Tages eine eigene Fernsehshow, so witzig und unterhaltsam ist der Mann. Dazu hat er aber auch allen Grund, ist „Noel Gallagher’s High Flying Birds“ doch ein hervorragendes Album geworden.

Es gibt mit dem Opener „Everybody’s On The Run“ und dem noch aus Oasis-Zeiten stammenden „(I Wanna Live In A Dream In My) Record Machine“ zwei grandiose Hymnen, wie sie wohl nur der Mann hinkriegt, der mit seinen Songs einst Phil Collins aus den Charts jagen wollte. Chöre, Streicher, noch mehr Streicher. „Dream On“ und „The Death Of You And Me“ sind veritable Rock-Stampfer, letzterer überrascht gar mit trunkenen New-Orleans-Bläsern. Auch „AKA...What A Life!“ sticht heraus, liebäugelt sein Klavierpart doch mit Madchester-Rave. Schließlich hat auch „Stop The Clocks“, dieser schon zu Oasis-Zeiten viel beschworene Song, endlich seinen Weg in die Öffentlichkeit gefunden, um „Noel Gallagher’s High Flying Birds“ würdevoll zu beschließen. All das ist großartige, aber auch bewährte Britpop-Kost. Experimente sind wohl erst zu erwarten, wenn die gemeinsame Arbeit mit der DJ-Formation Amorphus Androgynous veröffentlicht wird, was bereits im nächsten Jahr geschehen soll.

Florian Tomaszewski

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