Rezension

Mia.

Zirkus


Highlights: Tanz der Moleküle // Zirkus // Engel
Genre: Pop // Electro
Sounds Like: Paula // Toni Kater // Wir sind Helden

VÖ: 21.07.2006

Hereinspaziert, hereinspaziert. Manege frei. Direktorin Mieze Katz, die Peitsche in der Hand, quietscht, bis es in die letzte Reihe schallt. Die Bandkollegen springen durch Feuerreifen. Oder doch ganz anders?

Waren nicht eher die ersten beiden Alben Zirkus? Das kunterbunte "Hieb- und stichfest", das vor Abwechslung und Unterhaltung strotzte? Oder auch die schon reifere "Stille Post" mit dem abgefahrenen "PRO Test"?

In erster Linie ist "Zirkus" entspannt. Weit weniger Electro, weniger Punk. Mehr Pop. Keine großen Attraktionen? Oder haben sich die Löwen vielleicht zwischen den Zeilen versteckt?

Die bunte Explosion, Konfetti und Luftschlangen inbegriffen, kommt schon im dritten Titel, der Single "Tanz der Moleküle" in verfeinerter Form. Der vielleicht untypischste Clubhit aller Zeiten, aufs erste Hinhören schier untanzbar, doch bis der Kopf realisiert, wie groß dieses Stück ist, sind die Füße schon wund.

Und oben drauf setzen Mia mit dem Titelstück eine grazile, anmutige Tänzerin, die sich, weiß geschminkt, durch die Arena bewegt, dass der Hörer in Verzückung gerät.

Doch dann kommt der unglückliche Magier mit dem Namen "Floss". Hase aus dem Hut? Ein leichtes Gähnen in Reihe zwei. Zeit für Zuckerwatte. Der Magier bemüht sich. Taschentricks mit Keyboarduntermalung. Okay, das Publikum schaut etwas vergnügter aus der Wäsche.

Und wie ein Hochseilartist fliegt plötzlich ein Friedens-"Engel" durch das Zelt und zaubert ein Strahlen auf jedes Gesicht. "Was gäb ich her, wärs wie im Märchen, in dem das Gute immer siegt und was für einen Demonstranten, gegen jede Kugel die noch fliegt."

Zirkus ist voll von Menschen, von Liebe und von Sensationen. Die größte Sensation: so schön kann Pop sein. Nicht langweilen (wenn man von kleineren Schwächen wie dem zu verdrehten "Was besonderes" und dem schon gerüffelten "Floss" absieht), sondern begeistern. Süßer ("Uhlala"), charmanter und interessanter, als die meisten Deutschpopgruppen es vermögen.

Wie man diesen Zirkus genießen soll, nun, das darf Direktorin Mieze Katz selbst in die Manege rufen: "Augen schließen, Beine strecken, Köpfchen Richtung Himmel strecken." Na dann.

Martin Korbach

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