Rezension

Mavi Phoenix

Boys Toys


Highlights: 12 Inches // Strawberries // Fck It Up
Genre: Hip-Hop
Sounds Like: Left Boy // BLVTH

VÖ: 03.04.2020

Seit 2016 wurde Mavi Phoenix immer wieder als Geheimtipp gehandelt. Etliche Support-Gigs, Touren, Festivalauftritte, EPs und Singles verschafften dem österreichischen Hip-Hop-Act ein gewisses Standing. Dieses basierte auch auf dem Image als junge, talentierte, starke Frau innerhalb der Hip-Hop-Szene. 2019 dann Phoenix‘ Coming-Out als transsexuell – seitdem möchte Phoenix als Mann gesehen werden. Ein schwerer Schritt, wie der Sänger mehrfach erwähnte, sowohl für sich persönlich und gegenüber der Familie, als auch in der Öffentlichkeit. Ein paar Monate später scheinen die Sorgen bezüglich seines Outings in der Öffentlichkeit unbegründet gewesen zu sein, schlägt ihm doch viel Verständnis entgegen. Und auch die Veröffentlichung des lang erwarteten ersten Studioalbums „Boys Toys“ könnte die Akzeptanz gegenüber Trans-Personen innerhalb der heteronormativ geprägten Musikszene in Deutschland und Österreich weiter vorantreiben.

Als Aushängeschild steht hier „12 Inches“, für Phoenix selbst der Song, der seine allgemeine Situation als Transgender ungefiltert und wütend darstellt. Klare Hip-Hop-Beats, über die er den problematischen Umgang innerhalb der Familie thematisiert, der besonders daher rühre, dass Transgender für viele Menschen immer noch nur im Fernsehen vorkomme. Das alles entlädt sich schließlich im Refrain: “Somethings gotta be said // 'fore I die, before it's too late // I, I'm not real so my life is a joke // I, I'm a freak for all that I know”.

Während sich dieses Thema durch das gesamte Album zieht, ist „Boys Toys“ musikalisch gewohnt vielseitig. Neben recht klassischen Hip-Hop-Beats finden sich Trap-Elemente, elektronische Klänge und poppige Melodien wieder, die sich mit aggressiveren Liedern wie dem genannten „12 Inches“, ruhigeren Stücken wie „Player“ oder Ohrwürmern wie „Fck It Up“ abwechseln. Auch Phoenix‘ Liebe zum Autotune findet man auf seiner ersten Platte, wo seine Stimme teils zur Unkenntlichkeit verstimmt wurde, ohne jedoch das Augenmaß zu verlieren. Zur vielfältigen Stimmung auf „Boys Toys“ dürften auch die unterschiedlichen Produzenten beigetragen haben, zu denen neben dem Hauptproduzenten Alex The Flipper auch Markus Ganter zählt.

Man darf sich nicht dazu hinreißen lassen, „Boys Toys“ nur auf die Rolle als enorm wichtiges Werk für die Trans-Community zu reduzieren. Es ist auch ein wirklich durchgängig gutes, vielseitiges, unprolliges Hip-Hop-Album. Dennoch, sollte es auch nur ein wenig zu stärkerer Akzeptanz von Trans-Personen innerhalb unserer Gesellschaft beitragen, wäre das sicherlich wichtiger als der Erfolg. Hoffen wir einfach auf beides.

Lewis Wellbrock

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