Rezension

Matze Rossi

Und Jetzt Licht, Bitte!!!


Highlights: Komm Wir Bauen Uns Etwas Auf // Ich Zweifel Also Bin Ich // Warum Aus Mir Und Meinen Freunden Nichts Mehr Werden Kann
Genre: Singer-Songwriter // Deutschpop
Sounds Like: Thees Uhlmann // Kettcar // Muff Potter

VÖ: 25.07.2014

Matze Rossi kickt das „Senore“ vor seinem Namen mit seiner neuen Veröffentlichung in die Tonne und obendrein einen ganzen Haufen musikalischen Ballast, der noch auf dem letzten Album „Und wie geht es deinen Dämonen?“ zu hören war. Keine E-Gitarren, kein Piano, kein Pomp – das letzte Album liegt auch schon eine ganze Weile zurück, sage und schreibe sechseinhalb Jahre. Dazwischen erschien zwar noch die mit dem einprägsamen Namen „Vier Geschichten von Geistern, Mädchen, Elefanten und Schildkröten“ ausgestattete EP, aber es muss uns klar sein, dass dieser Matze Rossi auch neben der Musik ein wahrer Tausendsassa ist. Rossi, der eigentlich Nürnberger heißt und aus Schweinfurt kommt – was vielleicht besser ist als andersrum – ist Familienvater, Yogalehrer, Labelbetreiber, Sänger der Oldskool-Punkband Bad Drugs und, um dieses Bild abzurunden, auch noch Dozent an der Fachakademie für Sozialpädagogik.

Ich höre schon die ersten Leser/innen frotzeln: „Oh, demnächst auch in deiner Fußgängerzone“. Aber nein, das, was Rossi mit „Und jetzt Licht, bitte!!!“ abliefert, ist so stimmig, dass es über jede Kleinkunst-Anklage erhaben ist. Allerdings leider auch ein wenig zu stimmig, um wirklich packend zu sein. Als Albtraum eines jeden Berufspessimisten haut – nein schmeichelt! – uns Rossi in bester Pfadfinder-Manier 13 Lagerfeuerlieder um die Ohren, die vor Optimismus und gutem Karma nur so strotzen. Gleich im Opener „Alles was du willst“ schimmert der Einfluss von Matzes Yogalehrertätigkeit durch: „Hör doch den Fluss, wie er rauscht / wie er dir jeden Kummer raubt / deine Haut sauber wäscht / und deine Seele auch“. Reinhard Mey reloaded? Offensichtlich steht Rossi immerhin dazu und verteidigt seine Euphorie schon kurz darauf mit den Zeilen „Und wem ist das hier jetzt zu hippieesk? / Ich bitte euch, ist doch besser als Angst, Hass und Tristesse“ (in „Wir wollen doch gut aussehen“). Glücklicherweise finden sich dann auch doch wieder Perlen wie die Pixies-Hommage „Warum aus mir und meinen Freunden nichts mehr werden kann“ auf dem Album, die auch dem größten Griesgram ein Lächeln aufs Gesicht zaubern dürfte – so lange er ein Herz für Popmusik hat.

Matze Rossi scheint angekommen zu sein und wirkt wie ein Mensch, der seinen Frieden mit sich und der Welt gemacht hat. Seine Musik, die sich auf eine Akustikgitarre, seine Stimme, gelegentliche Unterstützung durch einige Gast-Vocals und eine Mundharmonika reduziert, strahlt eine große Ruhe aus und scheint uns mit jedem Ton davon überzeugen zu wollen, alles sei gut. Damit ist „Und jetzt Licht, bitte!!!“ für Menschen, die so viel Gefühl und Zuversicht aushalten, uneingeschränkt zu empfehlen. Alle anderen fühlen sich dagegen vielleicht bei den österreichischen Kollegen von Kreisky oder Ja, Panik! besser aufgehoben.

Christoph Herzog

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"Warum aus mir und meinen Freunden nichts mehr werden kann" live
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