Rezension

Martha Wainwright

I Know You’re Married, But I’ve Got Feelings Too


Highlights: You Cheated Me // Hearts Club Band // Bleeding All Over You
Genre: Singer/Songwriter
Sounds Like: Liz Phair // The Pretenders // Club 8

VÖ: 30.05.2008

Gut Ding will Weile haben. Knapp zwei Jahre ist es her, dass uns Martha Wainwright im Interview ihre Pläne verriet, gleich nach der Tour ins Studio zu wollen. Im gleichen Atemzug aber erklärte sie, dass der Nachfolger ihres wunderbaren Debütalbums kein Schnellschuss werden soll, sondern sie das Gefühl braucht, alles richtig gemacht zu haben. Die Anspruchshaltung der Kanadierin ist hoch, kein Wunder, wenn man einen einen berühmten Vater und einen noch berühmteren Bruder hat. Nun hat es "I Know You're Married, But I've Got Feelings Too" endlich in die Läden geschafft und das Warten hat sich gelohnt.

Die Zeit zwischen den Alben hat sie gut rumgebracht. Sie nahm Platten mit Pete Townsend, Damon Albarn und Snow Patrol auf, coverte Leonard Cohen für einen Soundtrack, unterstützte die Royal Ballet Company bei deren Brecht/Weill-Stück "Die sieben Todsünden" und ehelichte ihren Produzenten Brad Albetta. Da wirkt der Titel ihres neuen Werks fast ein wenig ironisch. Entliehen ist er dem ersten Track "Bleeding All Over You", ein sanfter, nahezu weinschwangerer Song, der die Stimmung für die weiteren zwölf Songs vorgibt.

"I Know You're Married, But I've Got Feelings Too" ist aber kein reines Soloding. Oben genannter Pete Townsend greift bei zwei Songs in die Saiten, Steely Dans Donald Fagan ist dabei, genauso wie Mutter, Tante und Cousine beim Pink-Floyd-Cover "See Emily Play", den sie beim Syd-Barrett-Tribute sang und unbedingt mit auf ihr Album packen wollte. Bruder Rufus stimmt in "The George Song" mit ein, wenn auch eher zurückhaltend. Eigentlich wäre es wirklich mal Zeit für ein gemeinsames Album der beiden Geschwister.

Die Inhalte der dreizehn Songs sind sehr verschieden. In manchen geht es um Liebe und ihre Schattenseiten, wie Liebeskummer in "Jimi" und Einsamkeit ("Hearts Club Band"), besonders eindrucksvoll aber im besten Lied der Platte "You Cheated Me". Aber auch private Schicksalsschläge werden dokumentiert, seien es der Suizid eines Freundes ("The George Song"), verlorene Weggefährten ("So Many Friends") oder die Krebserkrankung der Mutter ("In The Middle Of The Night"). Und im "Tower Song" besingt sie die Anschläge auf das World Trade Center, den folgenden Irak-Krieg, aber auch die Geschichte eines Pärchens, das bei der Belagerung von Sarajevo Arm in Arm starb.

Thematisch ist "I Know You're Married, But I've Got Feelings Too" sicher keine Schonkost, doch mag das zunächst gar nicht auffallen, wenn man die Lyrics beiseite schiebt. Denn in allen Songs steckt eine bittersüße, warme Melancholie. Dieses Gespür für Melodien hebt Martha Wainwright ein Stückchen ab von den vielen Sängerinnen und Songwriterinnen. Eine große Familie zu haben, ist für viele Künstler eine Last. Ständig diese Sorge, im Schatten der anderen zu stehen. Möglich, dass es ihr ebenfalls mal so ging, aber anmerken lässt sie es sich nicht. Vielleicht aber auch, weil sie mit ihrem Album so richtig glücklich ist. Da kann man auch mal drei Jahre warten.

Martin Korbach

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