Rezension

Marteria

Zum Glück In Die Zukunft


Highlights: Alles verboten // Verstrahlt // Endboss // Sekundenschlaf
Genre: Rap // Hip-Hop
Sounds Like: Marsimoto // Peter Fox // Casper // Jan Delay // Prinz Pi

VÖ: 20.08.2010

Marten Laciny hat gut daran getan, damals den Profifußball an den Nagel zu hängen. Er spielte bei Hansa Rostock und wenn man sich den Verein so ansieht, dann kann man nicht umhin, ihm für diese Entscheidung zu gratulieren. Das ist natürlich eine sehr naive Sicht der Dinge, denn als ambitionierter junger Sportler, der sogar den Sprung in die U17-Nationalmannschaft geschafft hat, wäre er sicher schon lange nicht mehr bei den Hanseaten. Dennoch: alles richtig gemacht.

Warum? Er gab den Traum aller jungen Männer auf, um das dicke Geld als Model in Manhattan zu verdienen, Party zu machen bis zum Umfallen und einfach ein gechilltes Leben zu führen. Irgendwann kam er zurück nach Rostock und entschied sich für seine Karriere als Rapper. Statt also eine Hoffnung des deutschen Fußballs zu werden, wurde er zu einem der wenigen Rapper, denen man die Zukunft deutscher Rap-Musik gerne in die Hand gegeben hätte. Ob als Marsimoto oder Marteria, sein musikalischer Output war immer grandios, von elektronischen Beats getrieben und lyrisch oft besonders gewitzt.

Jetzt wagt er mit "Zum Glück in die Zukunft" den großen Wurf im Windschatten von Peter Fox. Diesen Eindruck mag man bekommen, wenn man die erste Singleauskopplung "Verstrahlt" hört – schließlich ist die Platte auch von The Krauts produziert worden, die sich bereits des Übererfolgs "Stadtaffe" von Peter Fox annahmen. Peter Fox und Jan Delay selbst werden auf "Zum Glück in die Zukunft" übrigens auch gefeatured. Böse Zungen mögen der vermeintlichen Hoffnung des deutschen Rap nun die Abkehr vom Genre bescheinigen wollen. Doch wie soll die Zukunft des Rap aussehen, wenn das Genre sich nicht neu erfinden darf? Ohne Rekreation keine Innovation.

Und so ist Marteria mit "Zum Glück In Die Zukunft" auf der richtigen Spur. Zwar schwächelt die Platte in der Mitte etwas, vorne und hinten gibt's aber die volle Breitseite. "Endboss" ist eine in ein Videospiel gepackte, semi-autobiographische Lehrstunde in Sachen lyrischer Erfindungsgabe. Das hedonistisch-aufrührerische "Alles Verboten" mit dem ebenfalls zum Hoffnungsträger avancierten Casper leitet die großartige zweite Hälfte der Platte ein, auf der sich mit Miss Platnum und Jan Delay gleich noch zwei große Namen in die Creditlist eintragen. "Veronal (eine Tablette nur)" bringt Marsimoto nochmal groß ins Spiel, ist aber, gemeinsam mit "Sekundenschlaf", das absolute lyrische Highlight, während "Seit dem Tag, Als Michael Jackson Starb" nochmal einen Hauch Peter Fox versprüht.

Letztlich schwächelt die Platte an seinem Mittelteil, während vorne und hinten alles dabei ist, was das Herz begehrt. Und der Peter-Fox-Vergleich liegt zwar nahe, ist in letzter Konsequenz aber nicht zutreffend. Zu einzigartig ist Marterias Rap, zu gewitzt seine Texte. Die Prognose: gute Chartplatzierungen noch und nöcher und der endgültige Erfolg. Es soll uns nicht stören. Und besser als Hansa Rostock ist das hier alles schon lange – für uns und für Marten Laciny.

Andreas Peters

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