Rezension

Marmozets

Knowing What You Know Now


Highlights: Play // Habits
Genre: Rock // Punk // Grunge
Sounds Like: Biffy Clyro // Foo Fighters // Wolf Alice // Subways // Melissa Auf der Maur // Hole

VÖ: 26.01.2018

„1-2-3-4-Play!!!“ donnert es aus den Boxen, die Gitarren am Anschlag – das Tempo, das Marmozets von der ersten Sekunde an vorgeben, lässt kein Verschnaufen zu. Das Gaspedal ist maximal durchgetreten und mit einem Mörderriff im Refrain ballern die Briten in dreieinhalb Minuten durch den ersten Track ihres zweiten Albums mit dem etwas zungenbrechenden Titel „Knowing What You Know Now“. „Play“ ist ein absoluter Hit. Hier verschmelzen Punkrock, Metal, Grunge, Riot-Grrrl. Einmal im Schema, lassen Marmozets nicht mehr los – auch „Habits“ kommt wie aus der Kanone geschossen. Den Unterschied macht hier lediglich der pathetische Refrain, in dem Sängerin Rebecca Macintyre statt zu schreien clean singt. Ein bisschen Subways oder White Stripes hier („Lost In Translation“), ein bisschen Foo Fighters da, gern auch etwas Muse dazu. Fertig ist eine Mischung, die schon zigmal angerührt wurde, als Neuaufguss jedoch immer eine Weile frisch hält.

Schon das Debüt war recht wütend, bisweilen konnte man sogar Growls und wirklich harte Metalriffs bewundern. „Knowing What You Know Now“ ist da trotz allem Tempo etwas zugänglicher, was schade ist, denn die Ecken und Kanten wurden großflächig abgeschliffen. Man hat sich entschieden, gehörig die Rockschiene zu fahren. Der Punk wird dabei auch nett begrüßt, zieht sich aber am Hauseingang die Schuhe aus, damit es nicht zu dreckig wird. Es ist alles auf den Punkt produziert, soundtechnisch perfekt, jeder Song auf Hitpotential hinaus optimiert. Für die Circle- und Moshpits großer Mainstreamfestivals wie Rock am Ring, Hurricane und Co. wird man kaum passendere aktuelle Sounds in der Schublade haben.

Der Schwachpunkt des Ganzen: Ihr Schema F ist relativ schnell aufgebraucht und viel mehr als Strophe-Schrammelrefrain-Strophe kommt aus den zwölf Songs nicht. Bei „Major System Error“ ist schon fast die Luft raus und beim später folgenden „New Religion“ fragt man sich ernsthaft, ob der Song nicht eben schonmal kam, obwohl beide Stücke für sich genommen durchrocken. Da hilft auch die selbstverständlich in der Mitte platzierte Powerballade „Insomnia“ nicht, denn hier scheint durch, dass Macintyres leicht quäkende Stimme bisweilen ziemlich nerven kann. Ebenfalls nicht fehlen darf die Feuerzeug-Ballade (heute Smartphonedisplays): „Me & You“. Die Marmozets verfallen immer mehr ins Placebo-Phänomen: Es gibt Bands, deren Stil für ein, zwei Momente und Stücke dosiert sehr erfrischend und ansprechend ist, jedoch nicht für lange Dauerschleifen taugt. Ab „Start Again“ wird es dann schon beliebig. Nicht schlecht, allerdings völlig ohne den überraschenden Schockmoment. Man hat sich auf den Sound der Fünf eingestellt, die keine Anstalten machen, daraus auszubrechen.

Klaus Porst

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"Major System Error"
"Play"

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