Rezension

Luxury Elite

Noir


Highlights: Lounge // Future // Empire
Genre: Synthpop // Vaporwave // Filmmusik
Sounds Like: Christian Bruhn // Harold Faltermeyer // Daniel Lopatin // James Ferraro

VÖ: 08.01.2016

War Filmmusik der späten 1970er und der 1980er Jahre wirklich geprägt von kitschigen Synthesizern und käsigen Keyboards? Oder ist das nur eine nachträgliche Rationalisierung, da es einfach gut zu Ballonseide, Schwarzlicht, Fönfrisuren und Neonfarben einerseits und Schwarz andererseits passt? Wie dem auch sei, Luxury Elites neues Album “Noir” macht aus Kitsch eine Kunst und präsentiert 20 instrumentale Stücke, die – wenn denn Synth und Keyboard wirklich die Markenzeichen damals waren – zu jedem Soundtrack der 1980er Jahre gut passen würden.

Luxury Elite bezeichnet das Album selber als Vaporwave, was dann wiederum ein Subgenre von Chillwave wäre. Wie bei vielen Mikrogenres ist eine solche Kategorisierung einerseits gezwungen, andererseits beliebig. Tatsächlich trifft zumindest der Wave-Anteil des Genres zu. “Noir” mit den erwähnten Synthesizern und Keyboards ist definitiv verwandt mit den poppigeren Ablegern des Wave der 1980er Jahre sowie jedes Revivals seitdem. Aber in seiner zumeist ruhigen und eher introvertierten Atmosphäre passt die Platte tatsächlich in die Schublade Vaporwave, die irgendwo zwischen Lounge und Fahrstuhlmusik zu finden sein soll. Das überzeugt nicht nur, aber besonders unter anderem, wenn in “Lounge” vollkommen unironisch das Saxophon und pseudo-karibische Percussion die Hörenden auf eine rückwärtsgewandte Zeitreise schicken.

Luxury Elite klassifiziert ihre Platte zudem als Eskapismus. Zugegebenermaßen ist dies im Grunde ein Pleonasmus, denn jedwede Musik taugt zur Realitätsflucht, hat die Hörerin sich erst einmal darauf eingelassen. Die erste Assoziation “Kitsch” erschwert durchaus, sich “Noir” sofort mit voller Aufmerksamkeit zu widmen. Ist dies überwunden, erlaubt das Album tatsächlich für seine Dauer sehr effektiv, sich dieser Wirklichkeit zu entziehen. Popmusik, Revivals und Filme haben unser Gehirn offenbar sehr geschickt dahin konditioniert, bei dieser Musik die Gedanken in Welten jenseits, vor und nach der jetzigen schweifen zu lassen. Wo vielleicht die Musik auf “Noir” zuvorderst zu Cop-Filmen und Romanzen zu passen scheint, erlaubt sie eben aber auch jedwede futuristische oder Steampunk-Welt als Fluchtpunkt.

Luxury Elites Synth-Pop auf “Noir” mag zu sehr rückwärtsgewandt, anachronistisch, trashig und abgeschmackt erklingen, und sie kann dennoch als heimliches Vergnügen taugen. Andererseits aber mag sie auch als wirklich großartige, retro-schick instrumentale Wavepop-Platte gesehen werden. Schlecht ist das Album in keinem Fall.

Oliver Bothe

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