Rezension

Liturgy

The Ark Work


Highlights: Follow // Kel Valhaal // Quetzalcoatl
Genre: Prog-Rock // Black Metal
Sounds Like: -

VÖ: 27.03.2015

Liturgy polarisieren. In ihrer vergleichsweise noch jungen Bandgeschichte stiegen die vier Herren aus Brooklyn schnell zu einer Genre-Größe des Black Metal auf, an der sich spätestens nach ihrem Zweitwerk „Aesthetica“ 2011 die Geister schieden, was schließlich in ihrer temporären Auflösung gipfelte. Zu groß und unüberbrückbar wurden die Spannungen zwischen einem kollektiven Bandgefühl einerseits und Frontmann Hunt-Hendrix, der mit seinen bedeutungsschweren philosophischen Äußerungen einen Großteil der Aufmerksamkeit auf sich zog. Bereits 2009 hatte dieser in „Transcendental Black Metal“ den Status Quo eines verstaubten Genres analysiert und seine Vision einer neuen Herangehensweise preisgegeben. Indes gierten Kritiker nach der Musik Liturgys mit ihren unorthodoxen Strukturen und versetzten Rhythmen, während Metal-Puristen Hochverrat anmeldeten und die vier New Yorker als Hipster verteufelten.

Zu viel, zu schnell sei in dieser Zeit passiert, könnte man also annehmen. Wenn die Band vergangenes Jahr für die Aufnahmen zu ihrem dritten Album „The Ark Work“ schließlich wieder zusammenfand, dann jedoch nur, um noch eine gehörige Schippe draufzulegen und ein wildes Manifest abzuliefern, das sich gewaschen hat.

So unterschiedlich die Songs auf „The Ark Work“ auch sein mögen, das überbordende Element des Black Metal ist der Zirkel, um den sie sich alle gruppieren. Denn wer hätte gedacht, dass ein 90s-Rave-Beat den Song „Quetzalcoatl“ so gut in seinen ekstatischen Refrain treiben könnte oder dass sich das basslastige und damit Hip-Hop-affine „Vitriol“ so unauffällig in den Gesamtverlauf einer Rock-Platte einfügen würde? Genre-typische Muster finden sich zwar ansatzweise in dem auf den Punkt gespielten „Follow“ und schwächer in der flächigen Epik von „Reign Array“, doch im Vordergrund steht eigentlich etwas Neues, bislang eher Unerhörtes.

„Kel Valhaal“ exemplifiziert dieses Selbstverständnis Liturgys in besonderem Maße. Die sonst typischen schrillen Gitarrenläufe sind hier gänzlich durch Dudelsäcke und hochfrequentes Glockenspiel ersetzt. Fanfaren geben dem Song eine rhythmische Grundstruktur, der sich selbst Drummer Greg Fox unterordnet. An die Stelle gutturalen Geschreies tritt der Rap-ähnliche Sprechgesang von Hunt-Hendrix. Die Mittel sind so ungewohnt wie spannend – was hier entsteht, ist so etwas wie Prog-Rock gespielt mit der Energie des Black Metal und speist sich aus dem Mut der Herren, alles auszuprobieren, was ihnen in den Sinn kommt.

Hunt-Hendrix nimmt sich auch 2015 nicht zurück im Bezug auf die Fülle an Symbolik, die in „The Ark Work“ zum Ausdruck kommt und in der er seine Kunst und Philosophie verbunden sieht. Liturgy haben jedoch gelernt, unabhängig davon zu existieren und ihre Musik für sich sprechen zu lassen. „The Ark Work“ hebt die Sonderstellung der Band in einem teils immer noch sehr konservativen Genre nur noch mehr hervor.

Jonatan Biskamp

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