Rezension

Kendrick Lamar

DAMN.


Highlights: DNA. // HUMBLE. // XXX.
Genre: Rap
Sounds Like: NWA // Childish Gambino // Kanye West // Anderson Paak.

VÖ: 14.04.2017

Es wird nicht viele Zweifel daran geben, dass Kendrick Lamar spätestens seit seinem Konzept-Album "To Pimp A Butterfly" einer der besten und wichtigsten Rapper der Gegenwart ist. Mit 603.000 verkauften Einheiten in der ersten Woche gehört er nun auch noch zu den erfolgreichsten Rappern der Gegenwart – noch vor Kanye West und Drake.

Dabei wirkt "DAMN.", das neueste Werk des Mannes aus Compton, auf den ersten Blick eher bescheiden. Der Albumtitel und die dieser Mechanik folgende Benennung der einzelnen Tracks aus nur einem Wort, abgeschlossen mit einem Punkt. Das Cover, das ein gescholtener Kendrick in Nahaufnahme ziert, über dessen Kopf in blutroter und simpler Typo der Name des Albums rankt.

Doch schon das Video zur ersten Single "HUMBLE." kam so symbolträchtig und episch daher, dass klar war: Kendrick machte da weiter, wo er aufgehört hat. Die religiöse Symbolik des am Karfreitag erschienenen Albums ist kein Zufall. Bereits einige Stunden, nachdem das Album gerade seine ersten Hördurchläufe hinter sich hatte, machten sich erste Kendrick-Jünger auf die Suche nach versteckten Hinweisen, die der vielschichtige Künstler irgendwo hinterlassen haben könnte. Und tatsächlich dauerte es nicht lange, bis erste Gerüchte die Runde machten, dass "DAMN." das musikalische Äquivalent zur Kreuzigung Jesus Christus darstellte und bereits am Ostersonntag ein zweites Album erscheinen sollte, das die Wiederauferstehung des Künstlers feiere. Hinweise dafür gab es genügend, nicht zuletzt die Storyline des ersten Tracks "BLOOD.", auf dem Kendrick Lamars Alter Ego tatsächlich stirbt. Zuzutrauen ist dieses Streuen einzelner unabhängiger Storylines und Hinweisen diesem Künstler allemal und so dauerte es bis Ostersonntag, als die letztendliche Gewissheit, dass "DAMN." für sich stehen bleibt und kein zweiter Teil veröffentlicht werden soll, dafür Sorge trug, dass sich die Konzentration der Jünger nun vollends "DAMN." widmen durfte. Und zu entdecken gibt es auf Lamars (je nach Zählweise) viertem Album mehr als genug.

Thematisch ist "DAMN." etwas breiter aufgestellt und weniger konsequent erzählt als sein überaus politischer Vorgänger "To Pimp A Butterfly", der Lamar letztlich zu einer der Schlüsselfiguren der Black-Lives-Matter-Bewegung machte. Der Nachfolger ist zwar nicht gänzlich unpolitisch, setzt seinen Fokus aber eher auf die Verdrossenheit, die ein Resultat der politischen Ereignisse der letzten Jahre ist. Es geht um Spiritualität, um Ängste und Intimität und Kendrick behandelt in einem sehr komplexen und symbolträchtigen, gleichzeitig aber intimen und sehr verletzlich persönlichen Narrativ den Gemütszustand einer Generation junger, nicht nur schwarzer Amerikaner im Spannungsbogen aus Terrorismus, Equal Rights, Black Lives Matter und einem neuaufkeimenden Nationalismus.

Zugunsten der lyrischen und thematischen Komplexität wird der Sound wieder zurückgespult auf die reduzierten Boombap-Samples und 808s, die man noch vom Debütalbum "Section.80" kennt. Von hier aus wächst Kendrick über sich hinaus, stellt seiner lyrischen Brillanz eine unvergleichliche technische Vielfalt zur Seite, zwei Elemente, die ihn ganz locker und unüberhörbar zum besten seiner Generation machen. Die Liste der Kollaborateure verleiht dem Album eine zusätzliche Bedeutungskraft: von U2 über Rihanna, bis hin zu James Blake, BadBadNotGood und Kaytranada (diese Liste lässt sich noch wesentlich weiter führen) versammeln sich Künstler unterschiedlicher musikalischer Relevanz und zollen Lamar Tribut.

Und so ist "DAMN." ein einzigartiges Manifest, in dem Kendrick nicht nur über seine gesellschaftspolitische Relevanz, sondern auch über den Charterfolg zum wichtigsten Rapper seiner Generation wird. Während es sich Drake im Mainstream-Pop-Olymp gemütlich gemacht und Kanye sich im Moment größtmöglicher Selbstüberschätzung zum "Yeezus" ernannt hat, ist Kendrick Lamar tatsächlich zur symbolträchtigen Gestalt eines musikalischen Messias gereift, über dessen Einfluss und Wert wir vielleicht erst in vielen Jahren abschließend urteilen können. Viel mehr gibt es für einen Künstler nicht zu erreichen. Chapeau, Kung Fu Kenny!

Andreas Peters

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Video zu HUMBLE.

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