Rezension

Justine Electra

Green Disco


Highlights: Wild Country Boy // Great Skate Date // Like A Magnet
Genre: Singer/Songwriter // LoFi
Sounds Like: CocoRosie // Laura Marling

VÖ: 06.12.2013

Denkt man an weibliche Singer/Songwriter oder Folkmusikerinnen, gibt es ein paar Bilder, die sich sofort aufdrängen: zierliche junge Frauen mit langen Haaren, die man hinter ihren Akustikgitarren kaum sehen kann. Sie singen mit klarer Stimme von Ungerechtigkeiten, sodass man sie am liebsten in den Arm nehmen möchte, ihnen über's Goldhaar streichen und sagen, dass alles schon wieder gut wird. Kurz gesagt: Singer/Songwriterinnen werden oft als sehr mädchenhaft und süß wahrgenommen und so, als könne man sie nicht ganz ernst nehmen. Vielleicht ist das der Grund, weshalb Justine Electra sich nicht dazu durchringen konnte, ihr zweites Album „Green Disco“ voll und ganz der akustischen Musik zu verschreiben. Stattdessen greift sie tief in die Effektkiste.

Die aus Australien stammende Wahlberlinerin machte 2006 mit ihrem Debütalbum von sich reden, auf dem sie klug Folk mit Elementen aus Elektro, LoFi und R'n'B kombiniert hatte. Sieben Jahre später mischt sie immer noch verschiedene Stile, aber es wirkt weniger innovativ und edgy, sondern oft hektisch, konstruiert und fehl am Platz, durch Stimmverzerrung und den Einsatz von allerlei Effektspielerei mit Hundebellen, Xylophon und Störgeräuschen, die scheinbar wahllos eingesetzt werden. Oder vielmehr, um einen Song „aufzupeppen“, wenn Frau Electra einmal für mehr als drei Minuten einfach nur mit Gitarrenbegleitung gesungen hat. Es scheint manchmal so, als hätte die Australierin Angst, dass ihre Musik sonst zu langweilig würde. Dabei sind es gerade die folkigen Lieder, die von Akustikgitarre und Electras klarer Stimme getragenen, die am besten gelingen. Wenn eine Ballade wie „Wild Country Boy“ auch etwas simpel gestrickt ist, schön ist sie doch. Das gleiche gilt für „Like A Magnet“, mit dem das Album ausklingt.

Vielleicht ist es ja tatsächlich Absicht und die Soundspielereien sollen als eine Art Verfremdungseffekt funktionieren, um den Hörer darauf aufmerksam zu machen, dass es so etwas wie pure Klarheit und Schönheit nicht gibt. Ohne eine entsprechende Erklärung wirkt das Ganze aber nur aufgesetzt und so, als könnte die gute Dame sich nicht entscheiden. Ein HipHop-Track wie „Boozy Shoes“, der mit verfremdeten Stimmen und Gast-Rapper daherkommt, wirkt so vollkommen fehl am Platz. Das gleiche gilt für „DJ Save The Animals“, das aus dreieinhalb Minuten elektronischem Gedudel besteht. Man kann Justine Electra nur raten, noch einmal in sich zu gehen und zu überlegen, was sie eigentlich will. Vielleicht fällt ihr dann ja etwas auf, was wir anderen schon lange wissen: Es ist keine Schande, eine weibliche Folksängerin zu sein. Und wenn man es richtig anstellt, kann solche Musik sehr spannend klingen, selbst ohne den Einsatz von hippen Soundeffekten.

Lisa Dücker

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Video zur Single "Great Skate Date"

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