Rezension
Justice
†
Highlights: Genesis // D.A.N.C.E. // Phantom // Phantom Pt. II
Genre: Electro
Sounds Like: Digitalism // Hexstatic // Simian Mobile Disco
VÖ: 20.07.2007
Halleluja. Sie sind gekommen, die Retter der elektronischen Musik, die messianischen Gestalten des (New) Rave. Justice sind uns erschienen und haben als Symbol ihres Rettungs- oder doch Welteroberungsanspruchs ein Album namens „†“ mitgebracht. Johannes der Täufer heißt in diesem Fall Digitalism und hat einige kleinere Geschwister namens Simian Mobile Disco, Hot Chip und Goose.
Die ersten Wunder vollbracht (einige viel beachtete Remixe und das Video Justice vs. Simian „We Are Your Friends“), machten sich Gaspard Augé and Xavier de Rosnay an die Arbeit, ein Album zu produzieren, dessen Anspruch es ist, uns zu bekehren, zum wahren Glauben, unsere Seelen und Körper zu erretten und endlich den Tanzflur wieder zum Rocken, bzw. den Rock zum Tanzen zu bringen.
Und jetzt Schluss mit dem Schwachsinn.
Hedonistische Körper- und Mode-Kult-Mucke zum Pilleneinschmeißen, Tropfenschlucken und Pulverschnupfen. Ok, gerade der Körperkult passt beim New-Rave(-Proll)-Rock nicht mehr wirklich ins Bild, aber ansonsten stimmt die Beschreibung.
Zehn Jahre nachdem „Homework“ von Daft Punk, sowie „Music Sounds Better With You“ zum letzten Mal Rocker und Elektroniker so einträchtig nebeneinander hat tanzen lassen, kommen nun wieder zwei Franzosen. Statt jedoch uns die Chance zu geben, selbständig die Erkenntnis zu gewinnen, es sei Zeit zum Tanzen, schlagen uns Augé und de Rosnay mit dem Zaunpfahl auf den Kopf, zerren uns auf die Tanzfläche, drehen ihren von Disco Marke Chic und Jackson 5 durchdrungenen Rockelectro auf volle Lautstärke. So zappeln wir dann hilf- und willenlos durch den Raum und fragen uns, was das soll.
Eine berechtigte Frage, denn die Mischung aus BigBeat- und House-Klängen, das rockige Aufplüschen von elektronischer Musik, sollte niemanden mehr überraschen. Den Reiz des Ganzen machen dann tatsächlich, wie schon bei Daft Punk, das Einfließen von Retro-Anime-Soundtrack-Electronica oder aber klassischen Disco-Sounds aus. Hinzu kommt die Verwunderung über das – ebenfalls aber nicht neue (siehe Digitalism, siehe LCD Soundsystem) – Knarzen, die scheinbar reduzierte Weite des Klangs, und das häufige Ausbleiben des beliebtesten Stilmittels tanzbarer Musik, des Basses. Am Ende gibt es dann wenige Widersprüche gegen das Album, außer vielleicht der Verwunderung über den ausgebrochenen Hype, sowie den nervtötenden – ja was eigentlich – Sprechgesang auf „Tthhee Ppaarrttyy“ durch Ed Bangers Haus- und House-Schnepfe Uffie. Überhaupt, der Gesang passt nicht immer. Der Disco-House Track „D.A.N.C.E.“ mit seinem Kinderchor ist da noch die positive Ausnahme.
So bleibt nur noch anzumerken, wann „†“ am besten ist: Immer dann, wenn der Wahnsinn die beiden Produzenten zu übermannen scheint. Die ersten Takte von „Stress“, die tatsächlich ebenso in einer Metal-Nummer münden könnten. Die gleiche Phase bei „Waters of Nazareth“, die genau so bei den Nine Inch Nails – aber da in eine ganz andere Richtung führend – vorkommen könnte. Und die Albumeröffnung „Genesis“, die vollkommen größenwahnsinnig beginnt und dann alles vorwegnimmt, was das Album gpräsentieren wird.
Wäre das wirklich neu, wäre das 100% genial, so kommen wir aber wirklich nicht über die Bewertung hinaus, die schon Digitalism und Hexstatic bekamen. Wobei, besser als das Hamburger „Idealism“ ist „†“ alle mal … aber könnte ebenso beim wiederholten Hören verdammt langweilig werden … also so als Album, als Ganzes.
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