Rezension

Julianna Barwick

The Magic Place


Highlights: White Flag // Bob In Your Gait // Prizewinning // Flown
Genre: Experimenteller Sphären-Folk
Sounds Like: Six Organs Of Admittance // The Sight Below // Brian Eno // Tori Amos // Joanna Newsom

VÖ: 15.04.2011

Stimme, Loops, verschlierte Harmonien, perkussiv eingesetzte Instrumente, die den klingenden Mantel der Stücke durchdringen und ein flüchtiger, ätherischer Gesang, das sind die Bestandteile von Julianna Barwicks Album „The Magic Place“. Erstaunlicherweise ist hiermit im Grunde alles gesagt über Barwicks ambiente Musik. Die Mehrzahl der Tracks auf „The Magic Place“ lässt sich in genau diesem einen Satz zusammenfassen und ist insofern auch nur bedingt unterscheidbar. Bis auf wenige Ausnahmen – zum Beispiel „Bob In Your Gait“ und „Prizewinning“ – ist alles andere reine Emotion.

„The Magic Place“ nimmt gefangen, verschlingt den Hörer. Es ist ein klingendes schwarzes Loch. Die Monotonie der Musik, ihre Trägheit wäre unerträglich, wären die Stücke nicht zugleich unbeschreiblich schön. In diesem Spannungsfeld zwischen purer Langeweile und beeindruckender, vollkommen umhüllender und einkleidender musikalischer, klingender Schönheit findet Julianna Barwicks Albumdebüt statt. Ein Klangteppich und Barwicks zerfasender Circengesang sind die einenden Bestandteile der Stücke. Sie umfangen nicht nur, aber auch in ihrer Ununterscheidbarkeit. Akzente – so sie denn existieren – werden immer wieder mal durch aufsteigende Klavierlinien gesetzt. Die Höhepunkte des Albums, die besonderen Momente, finden sich im späteren Albumverlauf. „White Flag“ wird geprägt durch die besondere Betonung von Barwicks Gesang, und „Vow“ beeindruckt in der herzerweichenden Schönheit seines Arrangements. Ähnliches ist über „Bob In Your Gait“ zu sagen; sanfte Gitarren und zarte Pianoanschläge erzeugen eine beglückende Stimmung. Die Musik setzt einen Endorphinschub nach dem anderen frei. Die Stimme und einzelne tropfende, perlende Klaviertöne bestimmen „Flown“. Sakral hallender Vokaleinsatz macht aus einer einzigen Stimme den Vielklang eines Chorals. In „Prizewinning“ erklingen sanft pluckernde elektronische Effekte, die einen umfassen, ein Netz um ihn spinnen, während der Hörer auf einem Teppich liegt, gewoben aus Barwicks gedoppeltem und überlagertem Gesang. Langsam entfaltet sich eine latent bedrohliche Atmosphäre, aus der ein marschierendes Schlagzeug aufsteigt.

Barwicks Album ist tatsächlich ein magischer Platz. Er muss einem nicht gefallen, aber sich auf ihn einlassend erlebt man einige der besten Momente dieses Jahres.

Oliver Bothe

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