Rezension

Jon Hopkins

Immunity


Highlights: Open Eye Signal // Collider // Immunity
Genre: Downtempo // Electronica // Cinematic
Sounds Like: Apparat // Pantha du Prince // Helios

VÖ: 31.05.2013

Jeder, der mal eine Fliege unter einem Mikroskop betrachtet hat, weiß nicht nur, wie erschreckend diese harmlosen kleinen Tierchen vergrößert wirken können, sondern auch, wie man durch die alltäglich oberflächliche Betrachtung unendlich vieler Details betrogen wird, die nur der genauere Blick offenbart.

Diese Analogie zu Jon Hopkins' aktuellem Album „Immunity“ wird vor dem Hintergrund der Arbeit von Linden Gledhill und Craig Ward unverkennbar. Die beiden ließen eingefärbte Flüssigkeiten und Kristalle unter dem Mikroskop zu Hopkins neuem Album tanzen und schufen somit ein Video, in dem sich die abstrakten Bilder mit der Musik verbinden und das Gefühl vermitteln, das einen bereits beim ersten Hören von „Immunity“ beschleicht, nämlich, dass diese Musik mit Bildern verknüpft gehört. Das Kopfkino eines jeden Hörers ist da bereits absolut ausreichend.

Auf acht Tracks wird hier mit emotionalen Höhen und Tiefen jeder in den Bann des Albums gezogen, der bereit ist, genauer zuzuhören: Elektronika Prosa. Die Geschichte beginnt mit „We Disappear“, dem nervös zappelnden Breakbeat-Opener, der mit seinem Vocalsample das Pathoslevel zum Ende hin anhebt, bevor dieses durch den gnadenlosen Straightforward-Rhythmus von „Open Eye Signal“ wieder zerhackt wird. Der knapp achtminütige Track ist die erste Single des Albums und ein absolutes Highlight. Ohne an Kraft zu verlieren, schichtet Hopkins über sechs Minuten Lage für Lage an Sound auf den stampfenden Beat, bis er ihn kollabieren und für zwei weitere Minuten als Techno-Track wiederauferstehen lässt.

Ungewöhnlich für Jon Hopkins steigert „Collider“ die Dancefloor-Tauglichkeit weiter. Oberflächlich oder gar banal wirkt dies jedoch zu keinem Zeitpunkt. Immer wieder überzeugt die unfassbare Detailverliebtheit vom Gegenteil. Der Wendepunkt des Albums ist dann mit „Abandon Window“ erreicht. Die fünfminütige, episch anmutende Soundcollage fährt das Tempo des Albums spürbar runter. All denjenigen, die bis hierher mit Kopfhörer auf ihren Köpfen gelauscht haben, kommt dies nach der Tanzbarkeit der bisherigen Tracks genau recht.

Der Anfang des zweiten teils präsentiert sich pianolastig, als kurzer emotionaler Hänger, der Moment an dem man auf einer Party beschließt, den Abend zu beenden und nach Hause zu gehen, bevor sich doch noch ein Ort zur Afterhour findet („Sun Harmonics“). Der Titeltrack zum Abschluss fungiert dann perfekt in seiner Rolle und hinterlässt in seiner leichten Melancholie das Gefühl einer außerordentlichen Reise, auf der jeder immer wieder neue Bilder vor seinen Augen generieren kann. „Immunity“ ist nicht mehr und nicht weniger als die musikalische Abbildung individueller Realität.

Daniel Flamme

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