Rezension
Jaakko Eino Kalavi
Jaakko Eino Kalavi
Highlights: Deeper Shadows // Say // Night At The Field
Genre: Pop // Disco
Sounds Like: Destroyer // Shine 2009 // Washed Out // Sébastien Tellier
VÖ: 12.06.2015
Der finnische Regisseur Aki Kaurismäki dichtete seinen Landsleuten ja mal die Erfindung des Tango an („Der Tango ist nun mal unsere Nationalmusik.“). Eine Suche nach den Ursprüngen des Musikstils und der damit verbundenen Lebensart verfilmte er sehr schön in „Mittsommernachtstango“ mit seinem ihm eigenen Humor und sorgte so für skurrile Momente. Mit all dem hat der Finne Jaakko Eino Kalevi Savolainen nicht viel zu tun. Und doch brachte er 2015 seinen Disco-affinen Sound auf Platte, quasi nebenbei die Kaurismäkische These beweisend, dass Finnland auch groovy und sonnig kann.
Es ist vielleicht das kühlste Sommeralbum, das dieses Jahr zu bieten hatte – so schüchtern und reserviert singt der junge Savolainen mit dem bis zur Brust reichenden, blonden Haar, dass man seine Stimme danach sofort wieder vergessen zu haben scheint. Und doch trifft dies keineswegs auf die Musik zu. Einprägsam und mit teils unkonventionellen Mitteln füllen Melodien den Raum. Wenn sich in „Deeper Shadows“ eine Flöte auf den Dancefloor-tauglichen Klatschrhythmus setzt, klingt dies auf ganz und gar nicht peinliche Art lebensfroh. Rhythmisierende Basslines und den Achtzigern entlehnte Drums liefern auch für die übrigen Songs das Fundament der finnischen Disco-Party.
In seinen kühnen Momenten lässt sich selbst jemand wie Jaakko Eino Kalevi zu viel (musikalischem) Pathos hinreißen, wenn sein kühler, aber nun selbstbewusster Bariton in „Say“ über dramatischen Synthies zu schweben scheint. Gesangliche Unterstützung erfährt Savolainen immer wieder von Suad Khalifa, die den Songs mal mehr Tiefe (im Refrain von „Double Talk“) oder Wärme („Deeper Shadows“) verleiht. Bezüglich des Tempos bedient Savolainen abwechselnd Gaspedal oder Bremse und kreiert so eine Stimmung, die stets zwischen Aufbruch und Kontemplation schwankt. Neben dem Repertoire an Disco-Sounds lassen sich weitere Elemente und Stilmittel ausmachen, die den eigenartigen Charme von „Jaakko Eino Kalevi“ ausmachen. „Hush Down“ wird von einer Funk-Gitarre getragen. Bei „Night At The Field“ klingen Gitarren schließlich wie karibische Steeldrums (oder sind es Steeldrums, die nach Gitarren klingen?). In dem an Sébastien Tellier erinnernden „Don’t Ask Me Why“ wähnt man sich schließlich alleine frühmorgens an einer Hotelbar, während die übermüdete Band den letzten Song anstimmt.
Was den Synth-Pop des Jaakko Eino Kalevi von vielen seiner musikalischen Mitstreitern abhebt, ist das Gefühl, eher einer tatsächlichen Band denn einem gut programmiertem Macbook zuzuhören. Der Abschlusstrack „Ikuinen Parkautomaten Jännite“ macht dies noch einmal deutlich, wenn sich über den gehauchten Vocals Khalifas ein Ausbruch zusammenbraut, in dem schließlich ein wild gewordenes Saxophon einen Schlussstrich unter das Album zieht. Wenn zudem von manchem Rezensenten andernorts kritisiert wurde, „Jaakko Eino Kalevi“ ließe durch seine Tempowechsel einen roten Faden vermissen, so ist es gerade die Vielfalt, die das Album interessant macht und dadurch eine abkühlende Sommerplatte in einem aufgeheizten Sommer 2015 bescherte.
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