Rezension

Isolation Berlin

Vergifte Dich


Highlights: Serotonin // Marie // Antimaterie // In Deinen Armen
Genre: Seefahrerlied // Post-Punk // Indie
Sounds Like: Element Of Crime // Gang Of Four // Ton Steine Scherben

VÖ: 23.02.2018

Man könnte sich ja fragen, warum sich Tobias Bamborschke, der Frontmann von Isolation Berlin, so oft mit einer Fischermütze ablichten lässt. Selbst bei einem anderen Bandnamen würde das dumpf-graue Lokalkolorit, das die ersten EPs ebenso wie ihr Debüt „Und Aus Den Wolken Tropft Die Zeit“ prägte, schließlich kaum erlauben, die Band einer maritimen Heimat zuzuschreiben. Und doch ist auch „Vergifte Dich“ manchmal so nah an guter, alter Nautiker-Romantik wie bei kaum einer anderen deutschsprachigen Band.

Die Liebe ist verflossen, man selber zu lieben unfähig, die einzige beständige Maîtresse bleibt die Tristesse – dies Leid könnte auch ein schunkelnder Shanty-Chor klagen, Isolation Berlin nennen es „In Deinen Armen“. Der Opener „Serotonin“ schunkelt im Dreivierteltakt zu Wien-Fantasien und die zweite Single „Marie“ ist nach „Lisa“ der nächste Versuch, einer Ehemaligen den Trennungsschmerz zu nehmen. Neu mögen die Themen von „Vergifte Dich“ selbst im Kontext der bandeigenen Diskographie nicht sein, aber das haben universelle Themen wohl schnell an sich.

Das Postmoderne an dieser Seefahrerromantik zeigt sich jedoch, wenn besagtes „In Deinen Armen“ in einem Feedbackgewitter stirbt, nach dem Hans Albers erstmal zur Beruhigung einen Korn trinken müsste, und das Album gerade gegen Ende immer mehr in den Post-Punk abschwenkt: Das ratternde „Kicks“ hätte in jedem Detail einer für den Mainstream zu kratzigen Nischenband der 80er entnommen sein können, „Die Leute“ wiederum ist um ein einziges Riff herumgebaute Misanthropie, die im auch musikalisch passend betitelten Closer „Mir Träumte“ in Selbstauflösungswünsche übergeht. Das hat zwar mit Seefahrerromantik nichts mehr zu tun, aber letztendlich bleiben Isolation Berlin ja auch nur frisch der Jugend entwachsene Großstädter – und für all diese dürfte „Vergifte Dich“ wieder einmal Bibel und Manifest sein.

Jan Martens

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