Rezension

I Am Kloot

Let It All In


Highlights: Hold Back The Night // Shoeless // Some Better Day // These Days Are Mine
Genre: Britpop // Singer-Songwriter
Sounds Like: Elbow // The Decemberists // Ocean Colour Scene

VÖ: 18.01.2013

Wenn ein Song sich in das Gedächtnis einschreibt, bevor man ihn überhaupt zu Ende gehört hat, wenn es sich anfühlt, als würde man ihn schon seit Jahren kennen, obwohl man ihn zuvor noch nie vernommen hat, was sagt das über seine Qualität aus?

Der britische Schriftsteller Simon Armitage betont vor der Veröffentlichung des neuen Albums von I Am Kloot dessen altbekannten und unmittelbaren Sound – und so mancher möchte vielleicht aufschreien „das habe ich doch 2001 schon so gehört!“ oder „da geht doch nichts voran!“. Aber ganz so einfach ist es nicht, denn das Spiel mit der Erinnerung auf „Let It All In“ ist ein tieferes. Und I Am Kloot wären nicht eine der bedeutendsten britischen Pop-Bands der letzten zwölf Jahre, wenn sie einfach nur reproduzieren würden, was sie schon auf dem 2001er-Album „Natural History“ in beispielhafter Weise vollbracht haben. Und so tritt das nunmehr sechste Studioalbum der Band aus Manchester mit Leichtigkeit in die großen Fußstapfen des Vorgängers „Sky At Night“, der 2010 für den renommierten Mercury Prize nominiert war.

Der erste Song „Bullets“ erinnert dann doch sehr an das Debüt, was freilich auch in John Bramwells charakteristischer Stimme begründet liegen könnte, im weiteren Verlauf ist das Album jedoch erstaunlich abwechslungsreich und wirkt fast ein wenig so, als wollten uns I Am Kloot noch einmal beweisen, welche musikalische Spannbreite sie in ihrem bisherigen Werk vertreten haben. So könnte der Titel des letzten Songs auch programmatisch gelesen werden: „Forgive Me These Reminders“. Wenn das zentrale Motiv des Vorgängeralbums der Nachthimmel war, so ist es nun auf „Let It All In“ vielleicht die Erinnerung. Lassen wir die fast verloren geglaubten Reminiszenzen also herein, die uns Bramwell, der laut Peter Doherty beste, wenn auch meist unterschätzte Songwriter des Vereinigten Königreichs, hier anbietet. Selten geht dies ohne eine gewisse Melancholie.

So ruft etwa „Shoeless“ unweigerlich Bilder auf, die an alte, vielleicht verblichene Fotografien erinnern. Es scheint, als konservierten Bramwells Lyrics in ihrer bildlichen Sprache Spuren, die Musik ist wieder einmal ein Speichermedium für Empfindungen. „Some Better Day“ bedient sich dieser Motivik dann noch deutlicher, wenn Bramwell säuselt Shall we go out for a laugh? / I’ve a faded photograph / Of one day in some September / That we had and can’t remember. Die erste Single “Hold Back The Night“ ist nicht nur einer der stärksten Songs des Albums, sondern bekam auch ein bemerkenswertes Video spendiert. Langsam und düster baut sich der Song auf, dazu sieht man einen älteren nachdenklichen Herrn. In mehreren Zeitsprüngen werden die Sorgen des Mannes erzählt, das Motiv der Erinnerung tritt hier zusammen mit jenem einer nicht wieder gutzumachenden Schuld, bis schließlich doch die Nacht ausbricht.

Christoph Herzog

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Video zu "Hold Back The Night"
Video zu "These Days Are Mine"

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