Rezension

HVOB

Silk


Highlights: Torrid Soul // Deus // The Blame Game // Disguise
Genre: Elektropop // Dreampop // TripHop // Techno
Sounds Like: The XX // SOHN // Fever Ray // Massive Attack

VÖ: 24.03.2017

HVOB wirken auf den ersten Blick betrachtet, wie die Ausgeburt eines Marketingunternehmens. Sowohl Musik als auch Visuals kommen komplett durchgeplant und konstruiert rüber. Ein gestricktes Erfolgskonzept, man nehme gerade ziemlich angesagte Elektrosounds, die genau in die Schnittmenge von Indieclubs und Chartdisko passen, setze dem Ganzen gehauchten weiblichen Gesang dazu und fertig sind „Her Voice Over Boys“. Es dürfte also recht einfach sein, das Produzentenduo nicht zu mögen. „Silk“ ist ihr mittlerweile drittes Album mit der immergleichen Masche: Sanftes Intro, Anna Müller haucht ein paar Sätze, die einen dramatischen Aufbau implizieren sollen (meist ist es ziemlich banales Geschwätz, man will ja niemandem wehtun) und mit einem Drop circa in der Mitte eines jeden Stückes folgt ein recht amtlicher Ballerbeat.

Dummerweise sind HVOB in ihrem Tun ziemlich klug. Denn obgleich das alles völlig durchschaubar daherkommt und auch genauso clean und überproduziert in den Raum dröhnt: Es ist verdammt gut. Müller könnte zwar im Laufe eines Albums doch noch mal singen, statt immer nur das Mikro aus einiger Entfernung anzusäuseln, um so etwas mehr Volumen in die Stücke zu bringen – so wie es ihre männlichen Gesangspartner gelegentlich tun. Was aber beachtlich ist, ist eben ihr Händchen, in jedem Moment genau das Richtige zu tun, um eine perfekte Tanzatmosphäre zu schaffen. Die genannten Brüche, beispielsweise in „The Blame Game“ oder „Deus“, sind angenehm radikal und zum idealen Zeitpunkt gesetzt. Die meist ruhigen Parts, welche für Atmosphäre sorgen, schweben auf dem Niveau von The XX und Konsorten und sind ebenfalls vom Allerfeinsten.

Selbst das zunächst überraschende Feature auf „Silk“ fällt nicht weiter aus dem Konzept. „HVOB & Winston Marshall“ prangt es vom Cover und genannter Marshall ist sonst in einer Band aktiv, die so gar nicht zum kalten, melancholischen Techno der beiden Österreicher passen will: Mumford & Sons. Deren Markenzeichen – ausgeprägte Banjomelodien – finden auf „Silk“ allerdings überhaupt nicht statt. Anstelle dessen leiht er der Platte einige Gitarrenmelodien, die sich wie fehlende Puzzlestücke ins Gesamtbild einfügen. Wenn dieses Album überhaupt einen Kritikpunkt offen lässt, dann, dass es mit nur fünf Songs und zwei Intros viel zu kurz geraten ist, denn man kann zu diesen Sounds Stunden tanzen.

Klaus Porst

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"Deus"
"Torrid Soul"

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