Rezension

Hot Snakes

Jericho Sirens


Highlights: Six Wave Hold-Down // Death Camp Fantasy // Death Of A Sportsman
Genre: Punk
Sounds Like: Drive Like Jehu // Wipers // Rocket From The Crypt

VÖ: 16.03.2018

Harte Zeiten erfordern drastische Maßnahmen. Vertonten die Hot Snakes bereits Anfang der Nuller das ohnmächtige Dasein als alternative Band in den säbelrasselnden Vereinigten Staaten unter George W. Bush, so haben sie sich nach langen Schatten vorauswerfenden, sporadischen Liveauftritten wieder zusammengerauft und veröffentlichen ganze 14 Jahre nach ihrem letzten Studioalbum neue Songs auf Sub Pop. Auch wenn man den hässlichen orangefarbenen Mann an der Spitze der USA nicht noch stärker aufblasen will, einen Faktor für die definitive Reunion sollte er darstellen. Protestmusik ist gerade in einem Land, in dem ein unmanierlicher Wüterich mit gezieltem Rassismus zum Präsidenten werden konnte, wichtiger denn je.

Geschichte verläuft bekanntlich zirkulär und wahrscheinlich ist es auch diese bittere Erkenntnis, die dafür gesorgt hat, dass die ursprüngliche Melancholie der Band einer zermalmenden Wut gewichen ist. Sicher, das alte Grundgerüst aus Wipers-Riffs und dem düsteren Gekeife eines Rick Froberg ist geblieben, doch die Songs sind weniger verschnörkelt und melodiös. Stattdessen boxen „Why Don’t It Sink In?“ oder „Having Another?“ dich ohne elaborierte Finten um. Die Komplexität ist also raus aus der Melodieführung und rein in die Rhythmussektion gerutscht: „Candid Cameras“ torkelt über krumme Takte endlich in einen auflösenden Höhepunkt, während „Jericho Sirens“ unbeirrbar vor sich hintrottet.

Leider bleiben die Hot Snakes dann am spannendsten und mitreißendsten, wenn sie sich auf ihre traditionellen Stärken verlassen. Das melodiöse und bereits vorab veröffentlichte „Six Wave Hold-Down“ ist ein solches Beispiel. Auch „Death Camp Fantasy“ lässt im Endteil den Gitarrensturm einer einprägenden Melodie weichen. Klar: „Jericho Sirens“ ist ein weiteres gutes, zwingendes und wichtiges Punkalbum. Ein Meisterwerk wie „Suicide Invoice“ oder „Audit In Progress“ ist der Band allerdings nicht gelungen.

Yves Weber

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