Rezension

Get Cape. Wear Cape. Fly.

The Chronicles Of A Bohemian Teenager


Highlights:
Genre: Laptop-Emo-Folk
Sounds Like: The Postal Service // Bright Eyes

VÖ: 16.02.2007

In jedem von uns steckt irgendwo ganz tief der Wunsch, ein Superheld zu sein. Keine Pickel zu bekommen, dem prolligen Glatzkopf einfach so richtig auf die Schnauze zu hauen, sich mit ernsten Problemen, wie der Rettung des Universums, und nicht der nächsten Matheklausur zu beschäftigen. Und: Zu Fliegen. Sam Duckworth, Fabrikateur dieses hübschen Stückchens Musik hat es geschafft. Nicht mit dem knallroten Cape, nicht uncool mit dem Düsenantrieb, ohne Schadstoffausstoß. Nein, mit Gitarre und Laptop. Was braucht man auch mehr zum Schweben?

Es kommt nicht von ungefähr, dass sich der 20jährige aus Essex für einen Bandnamen entschieden hat, der ihn davor bewahrt, sofort den „Oh, das muss ein Singer/Songwriter sein“-Stempel aufgedrückt zu bekommen. Der Entflug der Klischees quasi. 140 Songs hat der Junge, verzeiht, Mann angeblich schon geschrieben. Hallo, irre? Hallo, Workaholic? Hallo, brilliant? Durchaus.

„The Chronicles Of A Bohemian Teenager“ heißt das Debüt des Wunderkindes (Superhelden?). You can call them chronicles. You can call them songs. It's an aural rhetoric for the year that's gone. Treffender könnte ein Albumtitel kaum gewählt sein. Musikalisch fliegt Duckworth zwischen, natürlich, Singer/Songwriter, Folk, Emo und Laptopbeats durch die Gegend. Verspielt, verträumt, melancholisch und immer federleicht. Sonst wäre das mit dem Abheben wohl auch eher schwer.

„Once More With Feeling“ hat rein gar nichts mit Placebo am Hut. Ein ohrenschmeichelnder, vorsichtiger Hauch von einem Song, spärlich instrumentiert, die unvermeidliche Akustikgitarre und später die Trompete, die hier wirkt, wie der Farbstoff in den rosa Marshmallows oder so. „An Oak Tree“ traut sich dann mit mit fast tanzbarem, schnellen Beat ein wenig mehr. Get Cape. Wear Cape. Fly-Songs ähneln sich in ihrem Gesamtkonzept sehr. Rührende Stimme + hübsches Gitarrengeklimper + elektronische Spielereien = ein toller, toller Song. Das ruft nicht selten Postal-Service-Assoziationen hervor. Man könnte sagen: Ein stimmiges Album. Man könnte auch sagen: Ein Album ohne Höhen und Tiefen. Belassen wir es aber bei ersterem und flattern noch ein wenig auf sanften Schwingen durchs Leben, bevor uns die bittere Realität (die Pickel!) wieder auf den Boden zurück holt.

Humor hat der Mann bei aller Traurigkeit übrigens auch. „If I had £1 for every stale song title I'd be 30 short of getting out of this mess“. Na bitte.

Lisa Krichel

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