Rezension
Gesaffelstein
Aleph
Highlights: Pursuit // Wall Of Memories // Hate Or Glory
Genre: Dark Techno // Postpunk-Elektro // Industrial
Sounds Like: DAF // The Hacker // Aphex Twin
VÖ: 01.11.2013
Eine alte jüdische Sage beschreibt, wie ein mächtiger Rabbi am Ufer der Moldau den sogenannten Golem aus Lehm erschaffen hat. Diesem zunächst noch unbeseelten Lehmklumpen hauchte der Rabbi Leben ein, indem er ihm einen Talisman unter die Zunge schob, auf dem das hebräische Wort emeth geschrieben stand, das zugleich „Wahrheit“ als auch „Gott“ bedeutet. Im Laufe der Zeit geriet der Golem jedoch außer Kontrolle und der einzige Ausweg für den Rabbi war es, den ersten Buchstaben des Talismans zu entfernen, so dass dort nun meth zu lesen war, was das hebräische Wort für „Tod“ ist. Der Buchstabe, der in dieser Sage zwischen Tod und Leben entscheidet, ist der erste Buchstabe des hebräischen Alphabets, aleph. Dass nun das Debütalbum des Franzosen Mike Levy, alias Gesaffelstein, mit „Aleph“ betitelt ist, passt in das ambitionierte Gesamtkonzept dieses Künstlers. Schafft es Gesaffelstein mit „Aleph“, dem dahinsiechenden Techno neues Leben einzuhauchen?
Zu diesem ehrgeizigen Projekt passt schon der Name Gesaffelstein, eine Mischung aus Gesamtkunstwerk und Albert Einstein. Aber ist das nicht ein bisschen too much? Auf jeden Fall schaffte es Gesaffelstein durch seine Zusammenarbeit mit Kanye West schon zu einer gewissen Bekanntheit. „Black Skinhead“ ist wohl einer der herausragendsten Tracks auf Wests Album „Yeezus“. Nun folgt also das erste eigene Album Gesaffelsteins, nachdem dieser schon 2010 seine erste EP veröffentlichte. Eine lange Suche nach einem eigenen Sound ging dieser Veröffentlichung voraus und gipfelt in „Aleph“ in einer Rückführung des Techno zu seinen industriellen Wurzeln. Geprägt ist das Ganze von einer eher düsteren Atmosphäre. So mutet der Titeltrack wie eine elektronische Version von Postpunk an, begleitet von der Stimme der Pariser Sängerin Chloe Raunet, die eigentlich Teil der LoFi-Electro-Band Battant ist. „Wall Of Memories“ schafft eine kühle, beengende Stimmung und baut eine große Spannung auf, die sich im darauf folgenden Track „Duel“ in einer schon fast hyperaktiv pumpenden Dance-Orgie entlädt. „Hate Or Glory“ schließlich ist ein Dance-Track, der so aggressiv rüberkommt, dass man sich besser zweimal überlegt, ob man sich hierzu auf den Dancefloor begibt.
Leider fehlt einigen der Tracks auf „Aleph“ jedoch die nötige Substanz, um die Hörer vollends zu fesseln. Teils wirkt „Aleph“ gar etwas zu monoton, und das selbst nach Elektro-Maßstäben. Die Neuerfindung des Techno gelingt dem Möchtegern-Einstein hier also noch nicht. Aber Einstein hatte ja laut einem urbanen Mythos auch eine Vier in Mathe und wurde noch ein ganz passabler Physiker. Wenn Gesaffelstein nun wirklich wie Einstein seine eigenen Ergebnisse ständig in Frage stellt und sie immer neu deutet, kann man durchaus gespannt sein, was weiterhin so aus Paris zu hören ist.
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