Rezension

Fynn Kliemann

Nie


Highlights: Bis Seattle // Zuhause // Sardinien
Genre: Pop // Hip-Hop
Sounds Like: Gerard // Trouble Orchestra

VÖ: 28.09.2018

Singende Schauspieler gibt es seit Ewigkeiten, auch Sportler haben sich leider schon zu oft in diesem Metier versucht. Folgerichtig versuchen es heutzutage auch Youtuber am Mikrofon, was die furchtbaren Versuche von Bibi oder Katja Krasavice beweisen. Dass es auch anders geht, beweist Fynn Kliemann, eh einer der wenigen Lichtblicke im deutschen Youtube-Kosmos. Der “Heimwerkerking” Kliemann wurde einst durch seine ersten Gehversuche als Amateur-Heimwerker bekannt und konnte sich in der Folge einen Traum nach dem anderen erfüllen.

Neben seinem Beruf als Webdesigner und seinen Handwerkervideos gründete er in Zusammenarbeit mit Funk das Kliemannsland, schrieb sein erstes Buch und veröffentlicht nun mit “Nie” seine erste Platte, standesgemäß auf dem eigenen Plattenlabel “Twofingerrecords”. Diesen Tatendrang und wie seine Freundin Franzi ihn dabei unterstützt thematisiert er in seiner zweiten Single-Auskopplung “Zuhause”: “Ich will so viel // Du bringst mir bei // Dass Leben manchmal reicht // Immer hektisch nach außen // Doch mache ich mit dir heimlich Pause // Ich wollt dir nur sagen // Ich komm gern nach Hause”. Diese Worte singt Kliemann mit seiner markanten Stimme, untermalt von einer ruhigen Klavier-Melodie und mit Unterstützung durch einen Chor, ohne dabei die Grenze zu belangloser deutscher Popmusik zu überschreiten. Damit gibt Kliemann auch schon die Marschroute für “Nie” vor: Seine raue Stimme im Zusammenspiel mit minimalen Piano-Klängen oder elektronischen Beats bilden die Basis, die durch seine unprätentiösen und authentischen Texte eine stimmige Mischung aus Deutsch-Pop und Hip-Hop ergibt. Er beweist dabei, dass deutsche Musik nahbar sein kann, ohne dabei zu sehr an Pop-Songs à la “Menschen Leben Tanzen Welt” zu erinnern.

Diesen Ritt auf der Rasierklinge, an dem vor Kliemann schon einige große Künstler gescheitert sind, meistert Kliemann problemlos. Ob in “Sardinien”, das durch seine ruhige Einfachheit besticht, oder “Bis Seattle”, das an Musikerkollegen wie Casper oder Gerard erinnert: Kliemann macht einfach sehr viel richtig. Das wird nicht jedem gefallen, dennoch kann man vor “Nie”, im Endeffekt die Musik gewordene Leidenschaft Kliemanns für selbstständiges Erreichen der eigenen Ziele, nur den Hut ziehen. Stellt sich eigentlich nur die Frage, ob der Norddeutsche seine nächsten Projekte weiter mit so viel Energie und auf so hohem Niveau durchführen kann. Man kann es ihm nur von ganzem Herzen wünschen.

Lewis Wellbrock

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