Rezension

Franz Ferdinand

You Could Have It So Much Better


Highlights: I'm Your Villain // What You Meant
Genre: New Wave // Retro Rock
Sounds Like: Kaiser Chiefs // Maximo Park // The Futureheads

VÖ: 30.09.2005

Mal ehrlich: Hätten sich Franz Ferdinand eigentlich einen noch schlechteren Zeitpunkt für ihr Zweitwerk aussuchen können? The British Wave of New New Wave ist gerade dabei so richtig auf die Nerven zu gehen und zu allem Überfluss haben Franz Ferdinand Zöglinge wie Maximo Park oder die Kaiser Chiefs die Messlatte, die wegen dem einzigartigen Debüt ohnehin schon weit oben lag, noch einmal in schwindelerregende Höhen getrieben. Nur Coldplay wissen wohl wie es ist, wenn man unter deratigen Voraussetzungen und unter diesem enormen Druck versucht ein Meisterwerk zu toppen. Im Gegensatz zu den Britpoppern zeigen Franz Ferdinand jedoch, dass man eine scheinbar unlösbare Aufgabe durchaus dennoch bewältigen kann.

Und wer hätte daran eigentlich geglaubt? Jetzt mal Hand aufs Herz! So viele Enttäuschungen beliebter Musikacts wie dieses Jahr gab es schon lange nicht mehr. Seien es die angesprochenen Coldplay, The White Stripes oder der Black Rebel Motorcycle Club. Umso erstaunlicher, dass gerade die vergleichsweise recht frisch im Geschäft sich befindenden Briten mit „You Could Have It So Much Better“ nicht versagen. Aufgenommen hat man das Ganze bei Sänger Alex Kapranos zuhause mitten in der ländlichen Pampa Schottlands, fernab von dem ganzen Trubel und der Öffentlichkeit. Das sich so viel Frieden und Harmonie auf das Songwriting auswirken würde ist daher nur zu verständlich. Denn erstmals schlagen Franz Ferdinand auch andere Töne an. Als Paradebeispiel nehme man nur einmal „Eleanor Put Your Boots On“. Wahrscheinlich der beste Beatles Song seit den Beatles. Ein Lied für Eleanor Friedberger von den Fiery Furnaces, mit der Alex Kapranos liiert ist, strikt im Akustikgewand gehalten und durch ein Klavier begleitet. Auf ähnliche Weise entfaltet sich auch „Fade Together“, wobei hier eine deutlich melancholischere Note angeschlagen wird. Doch das ist noch nicht alles an Neuerungen im Hause des österreichischen Erzherzogs. Die Gitarre in „Walk Away“ atmet beispielsweise beinahe würzige Americana Luft. Und etwas ruppiger darf es neuerdings auch sein. So wird bei „Evil & A Heathen“ oder dem Titelsong mal ganz schnell klar gemacht, welcher Brit- Hype Chef im Ring ist.

Bevor jetzt die Tanzbrigade den Trauerflor aufsetzt, sei gesagt, dass natürlich auch wieder eine breite Palette an Tanzknüller geboten wird. Die erste Single „Do You Want To“ dürfte ja bereits sämtliche Clubs erobert haben, doch es gibt tatsächlich noch mehr und gar besseres auf “You Could Have It So Much Better”! Wer allen Ernstes behauptet eine Nummer wie „What You Meant“ würde ihn vollkommen kalt lassen, der soll lieber gleich in Ruhestand gehen. Noch zwingender brennt sich „I´m Your Villain“ in Mark und vor allem Bein. Nick McCarthy packt auch hier wieder eine Gitarrenfigur aus, für die jede andere Band ihre Großmutter verkaufen würde. Spätestens wenn sich der Song dann am Ende noch einmal steigert, weiß man, dass das der Livehöhepunkt der nächsten Konzert- und Festivalsaison wird. Einen ebenfalls grandiosen Job macht abermals Drummer Paul Thompson, der geschickt mal das Tempo forciert oder drosselt, wie er eindrucksvoll bei „Well That Was Easy“ unter Beweis stellt. Und der Mann will in Zukunft wirklich auch an die Gitarre wechseln? Hoffentlich nicht!

Franz Ferdinand haben Anno 2005 nur ein einziges Problem, was sie an einem wiederholten Meilenstein scheitern lässt: Sie haben den Überraschungseffekt nicht mehr auf ihrer Seite. Was bei ihrem Debüt noch als neue Musikrevolution gefeiert wurde, ist nur 1 ½ Jahre später zu gewöhnlichem Alltag geworden. Aber weiterhin gilt trotzdem und das wissen auch Franz Ferdinand: „If You Want To Have Fun, See You Later“. Genau deshalb können und konnten sie auch gar nichts falsch machen.

Benjamin Köhler

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