Rezension

Flogging Molly

Speed Of Darkness


Highlights: Speed Of Darkness // Don't Shut 'Em Down // A Prayer For Me In Silence
Genre: Folk-Punk // Folk-Pop
Sounds Like: Fiddler's Green // Dropkick Murphys // The Pogues // The Living End

VÖ: 27.05.2011

Detroit ist momentan nicht gerade das, was man als attraktiven Wohnort bezeichnen würde. Einst das Rückgrat des industrialisierten Amerika, ist die Stadt mittlerweile ein Inbegriff für die Wirtschaftskrise geworden. Wo früher die Schornsteine rauchten, stehen nun Häuser und Fabrikhallen leer und rotten vor sich hin. Auch die Kriminalitätsrate bricht einen Negativrekord nach dem anderen. Trotzdem haben sich Flogging Molly dazu entschieden, ihr Album "Speed of Darkness" in Detroit aufzunehmen. Ein Konzeptalbum über die Wirtschaftskrise sollte es werden, und welche Stadt verkörpert das besser als die ehemals pulsierende Metropole an der Grenze zu Kanada?

Intuitiv würde man bei diesem Rahmen eine wütende und düstere Platte erwarten, aber das trifft – wenn überhaupt – höchstens auf die Lyrics zu. So beispielsweise in "Revolution", das Jobverlust und mangelnde Wertschätzung der Unternehmenslenker für die Arbeiterklasse thematisiert, oder "Don't Shut 'Em Down", in dem Sänger Dave King den aktuellen Zustand Detroits leicht sarkastisch folgendermaßen zusammenfasst: "This is life in a modern town // the windows smashed open with the doors kicked out". Da nicht in Populismus zu verfallen ist durchaus eine Herausforderung, die Flogging Molly aber ganz ordentlich bewältigen. Die musikalische Untermalung der Lyrics bewegt sich in Antithese dazu weiterhin in Dur-Sphären, was man mit etwas Phantasie als Galgenhumor auslegen könnte. Vielleicht funktioniert Irish Folk Punk aber auch einfach nicht in Moll.

Aber ist Punkrock überhaupt noch der richtige Begriff für den Musikstil, dem sich Flogging Molly mittlerweile verschreiben? Der Anteil an langsamen, poppigen Nummern ist dafür eigentlich schon zu hoch. In "The Cradle Of Humankind" kommt sogar erstmals ein Klavier zum Einsatz. Und das schöne "A Prayer For Me In Silence" – ein Duett zwischen King und seiner Ehefrau Bridget Regan – ist ebenfalls ein reines Folkpop-Stück ohne den geringsten Anflug von Drums und E-Gitarren, genau wie das etwas schmalzige "So Sail On". Lediglich der Opener, der den Albumtitel trägt, und "Oliver Boy (All Of Our Boys)", sind Songs alter Flogging-Molly-Schule, also Irish Folk über schnellen Punk-Grooves, der insbesondere von Violine, Akkordeon und Flöten getragen wird und durch verzerrte Gitarren seine Durchzugskraft erhält.

Die Riffs und Melodien sind meist relativ simpel gehalten und wirken auch nicht mehr so frisch wie noch vor einigen Jahren – vielleicht auch, weil die Band ihren Musikstil teils spürbar verlangsamt hat und merklich gereift ist, ist der Haupteindruck, der von "Speed Of Darkness" zurückbleibt, "solide". Flogging Molly beweisen, dass sie auch in folkpoppigeren Gefilden zu Hause sind und sich auf diesem Parkett souverän bewegen können. Allerdings konnten hier andere Interpreten schon stärker begeistern. Zum zentralen Thema des Albums jedenfalls hätte etwas mehr Punk durchaus gepasst.

Johannes Neuhauser

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Video zu "Don't Shut 'Em Down"

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