Rezension

Fidlar

Fidlar


Highlights: Cheap Beer // Stoked And Broke // No Waves // Wake Bake Skate // 5 To 9
Genre: Garage Punk // Punk Rock // Früher LA-Hardcore
Sounds Like: Black Lips // Adolescents // Frühe Replacements // Blink-182

VÖ: 01.02.2013

2001 veröffentlichte Andrew W.K. sein Debut „I Get Wet“. Der Rest ist Geschichte: Depp haut sich Ziegel gegen Knolle. Schießt fürs Cover ein Foto davon. Ballert, knallt und wütet durchs Wohnzimmer. Songs heißen „It's Time To Party“, „Party Hard“, „Party Til You Puke“. Die Kritiker schwafeln von einem ironischen Meisterwerk.

2013 veröffentlichen FIDLAR ihr selbstbetiteltes Debüt. Das stadionfüllende Besäufnis sollte ausfallen. Schlichtes Logocover. Immerhin prestigeträchtige Titel: „Cheap Beer“, „Wake Bake Skate“, „Cocaine“. Die Kritiker werden höchstens wohlwollend nicken.

Nein, selbstreflexiv ist das, was hier geliefert wird, sicher nicht und während alternde Musikkritiker die 14 Lieder nach versteckten Metaebenen durchforsten, strecken die vier Bübchen rotzfrech den Mittelfinger entgegen. FIDLAR sind eine Band voller Gegensätze. Einerseits musikalisch tief im Punkuntergrund verwurzelt, andererseits Kinder des Internetzeitalters, die jeden einzelnen Song mit einem Billigclip auf Youtube veredeln. Streng genommen ist das hier nicht mal ein Album, sondern bloß eine disparate Sammlung von vorher veröffentlichten Liedern, die von frühem Hardcore über Garage Punk bis hin zu Alternative Country sämtliche Genres abdecken. FIDLAR handeln und reflektieren nicht: Das letzte und das nächste Besäufnis, gestrecktes Kokain, Gleichgewichtsverlust durch Kiffen. Und schaffen sie es tatsächlich, auf 14 Songs schlussendlich doch einen Grund zu liefern, ist dieser fast erfrischend simpel: „Cause I'm fucking bored“.

Doch das ist nur die kopfgesteuerte Herangehensweise. Die Titel lassen bereits erahnen, dass man hier mit jeglicher Analytik gegen den Baum fährt. Dimmt man das Oberstübchen mit ein paar Billigbüchsen, verfällt man schnell dem anarchistischen, alles verwurstenden Charme dieses Albums. Das heranpolternde „Cheap Beer“ ist wohl der monströse Mashup aus „Surfin' Bird“ und „Takin' a Ride“ vom Debüt der Replacements. „No Waves“ verbindet die Nöligkeit von Blink-182s „Dammit“ mit dem Gegniedel von Nobunnys „I am a Girlfriend“. „Black Out Stout“ ist der Garage-Song, den die Black Lips seit dem Wechsel zu Vice nicht mehr hinkriegen. „Wake Bake Skate“ und „5 To 9“ besitzen mehr Rums als ein vollgetankter Kirmesboxer und mit „Gimmie Something“ hat sich sogar ein Countrysong eingeschlichen, der mehr als ein Kopfnicken Richtung Paul Westerberg sendet. Kanon und hoffnungsvoller Herausforderer: Bei FIDLAR fällt zusammen, was Punkpuristen so gerne hermetisch abgetrennt hätten.

Natürlich ist das hier ein eindimensionaler Spaß. Jedoch sollte man mit vier Lausbuben, die einem tatsächlich neun waschechte Hits auf 14 Liedern unterjubeln, nicht allzu streng ins Gericht fallen. Ob dieses Album in zehn Jahren wie Andrew W.K. als Klassiker der Partymusik gilt, ist erstens fraglich und zweitens völlig unwichtig. FIDLAR sind so Gegenwart, dass sie nicht mal das zweite Album kümmern sollte. Trotzdem darf man sich bereits jetzt darauf freuen.

Yves Weber

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Musikvideo zu "Cheap Beer"

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