Rezension

Enter Shikari

A Flash Flood Of Colour


Highlights: -
Genre: D’n’B-Core
Sounds Like: Atari Teenage Riot // The Prodigy // Skrillex

VÖ: 13.01.2012

Was soll Musik? An dieser Frage hängt so viel und mit Sicherheit kommen bei der Beantwortung bei zehn verschiedenen Menschen elf verschiedene Meinungen. Diese Frage ist allerdings genau der seidene Faden, an dem die Betrachtung von Enter Shikaris neuestem Werk „A Flash Flood Of Colour“ hängt. Zunächst zum Zählbaren: Enter Shikari sind eine Band, die Drum’n’Bass, Dubstep, Trance wild mit Hardcore und Punk mixt. Pluspunkt also für Eigenständigkeit. Negativpunkt der Band ist die recht anstrengende Stimme des Sängers. Auch auf dem neuen Album hat sich daran nicht so viel geändert, eine Entwicklung ist jedoch Richtung Eingängigkeit bemerkbar. Recht inflationär werden dieses Mal „Wooo-ooohhh-ooohhh-Refrains“ zum Mitgröhlen eingesetzt, um die Botschaften der Band auch dem betrunkenen Konzertpublikum noch schmackhaft zu machen. Doch genau hier beginnt das Problem der Engländer: Die Botschaften.

Womit wir auch direkt zur Eingangsfrage zurückkommen: Also, was soll Musik? Enter Shikari wären eine super Band der Kategorie: "Einfach mal den Stress der Arbeit/des Lebens rauslassen". Ordentliches Doublebassgeboller, dazu technoide, natürlich schnelle Beats und zumindest der Versuch, mit dem Gesang die Masse noch anzupeitschen. Der Moshpit ruft, um wenigstens mal für eine Stunde alles zu vergessen, was sonst so passiert. Jetzt der Haken: Hört man dem abwechselnden Geschrei/Gesang von Sänger Roughton Reynolds zu, merkt man, dass genau das thematisiert wird, wovor man gerade aktiv geflüchtet ist. Welt(finanz)krise, Kriege, Terror – das volle Programm.

Nun kann sich jeder Mensch zudem politisch einordnen, wie es einem beliebt – wären Enter Shikari Deutsche, würde man sie ganz klar im linksradikalen Spektrum ansiedeln. Wo hierzulande Atari Teenage Riot wüteten, treten Enter Shikari auf, um deren Platz streitig zu machen. Mit ähnlichen Mitteln, mit ähnlichen Plattitüden. Von der ersten Sekunde des Openers „System“, dem folgenden „Meltdown“ bis hin zur letzten Sekunde von Constellations – immer wieder tönt es gegen die gegenwärtige Ordnung, der passende Gegenentwurf wird zunächst mit „We Must Stand Up“ umrissen. Hierbei kann man sicher auch mal hinterfragen, ob das schwarz-weiß-Malen von Konflikten wie Afghanistan oder Palästina sinnvoll ist oder ob man bei einer derartigen Komplexitätsreduktion nicht ohnehin nur verlieren kann. Aber solange der „oohhh-ooohhh-oohhh-Refrain“ es zulässt, lässt sich eben auch dazu noch ein Dubstepbeat basteln.

„A Flash Flood Of Colour“ stellt den Hörer also vor eine Entscheidung, derer man sich vor dem Abspielen gar nicht bewusst war: nämlich die Frage, ob einen hochbrisante politische Inhalte interessieren, ob man gerade jetzt, beim Einschalten der Musik, das Abschalten des Kopfes im Kopf hatte und eigentlich die täglichen Nachrichten um die Krisenherde der Welt mal eben beiseite rücken wollte. Darauf lassen sich Enter Shikari allerdings nicht ein. Wer jedoch Musik als Mittel der politischen Meinungsmitteilung nutzen möchte und zudem einen Hang zu einfachstmöglichen Revolutionsparolen hat, wird „A Flash Flood Of Colour“ dankbar aufnehmen.

Klaus Porst

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