Rezension
Ellen Allien & Apparat
Orchestra of Bubbles
Highlights: Turbo Dreams // Metric // Jet
Genre: Electro House
Sounds Like: Miss Kittin // Trentemøller // Jimi Tenor
VÖ: 14.04.2006
Wenn man alles kennt, ist einem auch Ellen Allien schon länger ein Begriff – und die Art von Electro-Techno-Matrix, die sie hier knüpft, sowieso. Nehmen wir jedoch mal an, es gibt Menschen, die weder jede Seite des Internet, noch jede CD, noch alle Zeitschriften verschlungen haben – so wie den Rezensenten. Dann war „Orchestra of Bubbles“ von Ellen Allien & Apparat zum einen schon im März ein heißer Anwärter auf das Album des Jahres, zum anderen hätte es aber die Platte werden können, die dem präsentierten Genre zum großen Durchbruch verhelfen hätte können.
Ein Genre, das zwei Genres ist. Mit Ellen Allien treffen technoide Bässe auf Apparats frickelig pluckernden halbexperimentellen Electro. Dabei ergibt diese Mischung ein dichtes Soundkonstrukt, das sofort zum Tanzen anregt, aber einen dabei ebenfalls in eine parapsychologische oder mystische Dimension entführt, die man eher mit der Musik von Sigur Ros, damit vielleicht auch Radiohead, oder „dunklen Mächten“ wie Dead Can Dance verbindet. Diese Beziehung ist in der Tat von den Amerikanischen Überbloggern von Pitchforkmedia geklaut, aber manchmal haben ja auch die Recht. Sie treffen sogar ein weiteres Mal den Punkt, wenn sie nämlich den Bezug zu Steve Reich (Komponist) herstellen; denn wer Jimi Tenors „ReComposed“ Album mag, wird sich auch in „Orchestra of Bubbles“ heimisch fühlen – und umgekehrt.
Entsprechend werden wir sphärisch mit „Bubbles“ aus dem Album in die Welt entlassen, in der wir uns verloren vorkommen und sofort wieder auf play drücken. Womit wir zum zweiten Mal in den „Turbo Dreams“ angekommen sind. Je nach Gefühlslage erleben wir dort einen düsteren apokalyptischen Killerspiel-Traum von Leben oder wiegen uns langsam zur Ekstase. Einer Euphorie, die uns in „Way Out“ nicht verlässt. Musik wie eine Droge. Die seltsamen „Retina“len Empfindungen verlieren wir in „Rotary“ und „Jet“ ebenso wenig wie die zwanghaften Bewegungen von Beinen, Armen und Kopf. Wo „Jet“ bereits als siebenminütiges Highlight für ein Album reichen könnte, liefert „Metric“ mit der Synthese aus echten Streichern und Bassline den audiophilen Höhepunkt.
Die musikalisch emotionale Perfektion der elektronisch basslastigen Musik bringt jedoch die viertelstündige Abfolge der Tracks – fast sogar eher Songs – „Floating Points“, „Under“ und „Do Not Break“. Wer danach dieses Album nicht liebt, hat kein Herz. Kalt und gleichzeitig eine Heimat gebend. Definitiv ist „Orchestra of Bubbles“ damit auch neun Monate nach Erscheinen eines der Alben des Jahres 2006.
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